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       # taz.de -- Kampf gegen den „Islamischen Staat“: Ein Korridor, aber für was?
       
       > Kurdische Linken-Abgeordnete fordern „Waffen für Kobani“ und hadern mit
       > dem Pazifismus ihrer Partei. Volker Kauder springt ihnen bei.
       
   IMG Bild: Solidarität mit Syrisch-Kurdistan: Deutsche Kurden protestierten am Dienstag vor der türkischen Botschaft in Berlin.
       
       BERLIN taz | Dominic Heilig ist wie viele aus seiner Partei die Linke in
       die Türkei gereist, um sich ein Bild der Lage an der Grenze zu Kobani zu
       machen. Heilig gehört der Internationalen Kommission beim Parteivorstand
       an. Er hat gesehen, dass die massiven Luftangriffe der USA geholfen haben,
       die IS-Milizen zurückzudrängen. Und viele Kurden haben Waffen für die
       kurdischen Kämpfer in der Stadt verlangt. „Ich kann die Forderung nach
       stärkeren Waffen nachvollziehen“, sagt Heilig dazu. „Ich bin da aber
       skeptisch, und als Partei haben wir da eine andere Position.“
       
       Die Lage in Kobani stürzt die Linkspartei in ein Dilemma. Einerseits
       schreibt sie die Kurdistan-Solidarität traditionell groß. Andererseits
       steht sie für einen strikten Pazifismus, der keine Waffenlieferungen in
       Kriegsgebiete erlaubt. Doch nun fordern die PKK und mit ihr viele Kurden,
       die syrische Schwesterpartei mit Waffen zu unterstützen.
       
       „Die Debatte wird bei uns emotional geführt, auch, weil wir viele kurdische
       Mitglieder haben“, gibt Heilig zu. Denn die haben wenig Verständnis für
       linke Grundsatzdebatten. „Ich kenne und respektiere die Position meiner
       Partei, sie möchte Friedenspartei bleiben“, sagte etwa Cansu Özdemir, die
       für die Linke in der Hamburger Bürgerschaft sitzt, am Mittwoch in der
       Talkshow bei Anne Will. „Meine Position ist aber: hier brauchen kämpfende
       Menschen Waffen, sonst droht ein Massaker.“
       
       Ihr Parteifreund Hakan Tas, der für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus
       sitzt, unterstützt auch die Bombardements der Anti-IS-Koalition. „Aber die
       reichen nicht aus“, sagt er. „Es braucht auch eine Bodenoffensive – und
       zwar unter Führung der UN.“ Aus kurdischen Medien hat er gehört, dass
       Frankreich die PYD mit Waffen beliefern will. Selbst CDU-Fraktionschef
       Volker Kauder schließt jetzt nicht mehr aus, dass Waffen auch an die PKK
       geliefert werden könnten. Tas findet das gut. „Wir dürfen nicht vergessen,
       dass täglich Menschen sterben, Frauen vergewaltigt und kleine Mädchen an
       Marktständen an alte Männer verkauft werden, während wir hier diskutieren“,
       hebt er hervor.
       
       ## Kleinster Nenner Hilfskorridor
       
       Doch Einigkeit herrscht in der Linkspartei nur in zwei Punkten. Auf einen
       Hilfskorridor nach Kobani können sich alle einigen. „Es muss neben einem
       Korridor in die Türkei auch einen solchen nach Irak geben“, sagt Heilig.
       Doch ob dieser Korridor nur für Hilfsgüter und Nahrung oder auch für
       Kämpfer und Waffen offen stehen soll, lässt er wie sehr viele in seiner
       Partei absichtsvoll offen.
       
       Einigkeit herrscht bei der Linken ansonsten über das umstrittene
       Facebook-Posting ihrer verteidigungspolitischen Sprecherin Christine
       Buchholz. „Solidarität mit dem Widerstand in Kobani. US-Bombardement
       stoppen“, stand auf dem Plakat, das ihr einen Shitstorm im Netz und viel
       Kopfschütteln in der eigenen Partei eingebracht hat. Nun rudert Buchholz
       zurück und betont, dass auch sie selbstverständlich „die Grenzen für
       Flüchtlinge und Unterstützer der Volksverteidigungskräfte für Kobani“
       öffnen will.
       
       „Die Position der Linken ist: so eine komplexe Situation wie in Kobani
       eignet sich nicht dazu, auf einen kurzen Plakatslogan reduziert zu werden“,
       fasst Heilig den Konsens zusammen.
       
       17 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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