# taz.de -- Vorboten des Mindestlohns: Preise hoch, Urlaubsgeld runter
> Ab 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn. Gastro-Konzerne,
> Taxiunternehmen und Zustellagenturen suchen jetzt nach Wegen, um ihn zu
> kompensieren.
IMG Bild: Kommen oft nicht auf 8,50 brutto: Taxifahrer.
BERLIN taz | Die Informationsschrift des Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbandes behandelt das Thema Nummer eins für viele
mittelständische Dienstleister: Was mache ich, wenn zum 1. Januar der
gesetzliche Mindestlohn kommt? Die Infobroschüre rät: Bei Angestellten, die
bisher unter 8,50 Euro verdienen, solle der Arbeitgeber prüfen, ob eine
„Umstellung von Zuschlägen und Sonderzahlungen auf einen Grundlohn von
mindestens 8,50 Euro“ möglich und „sinnvoll“ ist.
In vielen Unternehmen wird hoch- und runtergerechnet, um die Kosten trotz
der höheren Stundenlöhne moderat zu halten. Freiwillige Sonn- und
Feiertagszuschläge abschaffen, das Urlaubsgeld kürzen, Akkordleistung neu
berechnen oder einfach die Preise erhöhen ? Es gibt viele Wege, um einen
höheren Grundlohn zu kompensieren.
Der Bundesverband Systemgastronomie, zu dem die McDonald’s- und
Burger-King-Filialen gehören, hat mit Verweis auf den gesetzlichen
Mindestlohn kürzlich den Manteltarifvertrag mit den Zuschlägen gekündigt.
Die Verhandlungen darüber gehen am Donnerstag in die dritte Runde. „Wir
erwarten ein besseres Angebot der Arbeitgeber“, sagt Jonas Bohl, Sprecher
der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Auch manche Minijobber bekommen möglicherweise bald einen Hinweis vom
Arbeitgeber mit dem Vorschlag, die Stundenzahl zu reduzieren. Minijobber
mit festem Stundenvertrag und Niedriggehalt, die für 450 Euro im Monat
servieren oder putzen, überschreiten mit dem höheren Stundenlohn ab 1.
Januar 2015 nämlich die Verdienstgrenze für sozialversicherungsfreie Jobs.
Mit der Abgabenpflicht hätten sie dann aber trotz des höheren
Bruttostundenlohns netto weniger in der Tasche. Gegebenenfalls sei daher
eine „Reduktion der Stundenzahl“ sinnvoll, um die 450-Euro-Grenze nicht zu
überschreiten, rät der Hotel- und Gaststättenverband. Minijobber hätten
dann zwar nicht mehr Geld in der Tasche, müssten dafür aber etwas weniger
ackern.
## Mehr Taxi-Alleinunternehmer erwartet
Heikel wird es in jenen Branchen, in denen schlecht verdient wird und die
Angestellten bisher prozentual nach Umsatz bezahlt werden. Zum Beispiel
Taxifahrer: Sie kommen im Durchschnitt umgerechnet auf einen Stundenlohn
von 6,50 Euro. Die Taxiverbände haben daher bundesweit Fahrpreiserhöhungen
bei den Kommunen beantragt, um den gesetzlichen Mindestlohn für angestellte
Fahrer auszugleichen.
In einigen Städten werden nun die Preise erhöht, aber das reicht als
Kompensation nicht aus. Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi-
und Mietwagenverbandes (BZP), rechnet damit, dass Fahrer entlassen und
künftig „mehr Einwagenunternehmer“ unterwegs sind. Für Selbstständige gilt
kein gesetzlicher Mindestlohn.
Schwierig wird es mit den Stücklöhnen, etwa für Zeitungszusteller – sie
werden bisher nach ausgetragenen Zeitungen bezahlt. Die Frage ist nur,
welche Tourenvorgaben gelten. „Es dürfte für die Zollkontrolleure sehr
schwer sein, bei den Agenturen nachzuprüfen, ob die Umrechnung von
Stücklohn in Mindestlohn korrekt ist“, sagt Siegried Heim, zuständiger
Tarifsekretär bei Ver.di. Die Gefahr bestehe, dass als Vorgabe eine
Normalleistung definiert werde, die „nur ein Supersportler leisten kann“.
Softwareunternehmen bieten derzeit an, die Touren GPS-gestützt zu
„optimieren“. Für die Zusteller gilt ab 1. Januar erst mal ein verringerter
Mindestlohn von 6,38 Euro brutto. „Ich zahle den Mindestlohn“, versichert
eine Agenturchefin im brandenburgischen Zeuthen. „Die Frage ist nur, ob
meine Kunden bei den höheren Preisen mitziehen.“
14 Oct 2014
## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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