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       # taz.de -- Kurden-Demo in Düsseldorf: Mehr Druck auf die Türkei
       
       > Rund 20.000 KurdInnen solidarisieren sich in Düsseldorf mit Kobani. Die
       > Demonstranten fordern die Öffnung der türkischen Grenze nach Syrien.
       
   IMG Bild: „Es ist falsch, zwischen guten und bösen Kurden zu unterscheiden“, sagt Ali Ertan Toprak von der Kurdischen Gemeinde in Deutschland.
       
       DÜSSELDORF taz | Der Platz vor dem DGB-Haus in der Düsseldorfer Innenstadt
       ist viel zu klein. Deshalb muss der Auftakt der Demonstration gegen das
       Vordringen der Terrormilizen des Islamischen Staates (IS) kurzfristig auf
       die Festwiesen am Rhein gelegt werden.
       
       Weit mehr als 20.000 Demonstranten ziehen am Samstag durch die Düsseldorfer
       Innenstadt, um sich mit den Verteidigern der nordsyrischen Stadt Kobani zu
       solidarisieren. Die Stadt nahe der türkischen Grenze ist mittlerweile zu
       mindestens [1][40 Prozent in den Händen des IS]. Am Freitag hat die
       Terrormiliz die Gebäude der kurdischen Regionalregierung in ihre Gewalt
       gebracht.
       
       „Es sind immer noch Tausende von Zivilisten in der Stadt“, berichtet der
       Chef der kurdischen Selbstverwaltung in Kobani, Enver Müslim, der per
       Telefon zu den Demonstranten vor dem Landtag spricht. Sie sind über die
       Rheinbrücke aus dem noblen Stadtviertel Oberkassel bis zum Parlament
       gelaufen, an der Spitze eine Gruppe in weißen Shirts.
       
       Sie kommt direkt von einer Hungerstreikaktion in Brüssel. „Es geht nicht
       nur um Kobani! Merkt Ihr das nicht?“, steht auf dem Transparent, das sie
       tragen. „Wir wünschen uns mehr Solidarität“, sagte eine von ihnen. Sie
       wünscht sich, dass die Bundesregierung [2][mehr Druck auf die Türkei
       ausübt], damit Präsident Recep Erdogan aufhört, den IS zu unterstützen.
       
       ## Gute Kurden, böse Kurden
       
       Die Demonstranten fordern die Öffnung der türkischen Grenze nach Syrien und
       das Einrichten eines Korridors, damit weitere [3][kurdische Kämpfer nach
       Kobani] kommen und Flüchtlinge die Region verlassen können. „Wir
       protestieren dagegen, dass die Weltgemeinschaft nichts gegen das drohende
       Massaker in Kobani unternimmt“, sagt Can Cicek vom Kurdischen Zentrum für
       Öffentlichkeitsarbeit. Die Kurden wollen nicht, dass andere Staaten
       Bodentruppen einsetzen, betont er. „Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe.“
       
       Cicek und seine Mitstreiter können nicht nachvollziehen, dass die deutsche
       Bundesregierung Waffen an die kurdisch-irakischen Peschmerga vergibt, den
       Menschen in Kobani diese Hilfe aber versagt wird. „Es ist falsch, zwischen
       guten und bösen Kurden zu unterscheiden“, sagt Ali Ertan Toprak von der
       Kurdischen Gemeinde in Deutschland.
       
       Die Stimmung auf dem Platz vor dem Landtag schwankt zwischen Verzweiflung
       und Wut. „Wir fürchten Massaker in Kobani“, sagt Salih Müslim,
       stellvertretender Vorsitzender der syrisch-kurdischen Partei PYD. Zu den
       wenigen deutschen Rednern gehört der stellvertretende Fraktionsvorsitzende
       der Linkspartei im Bundestag Wolfgang Gehrcke.
       
       „In Kobani entscheidet sich, in welche Richtung die Welt gehen wird: In die
       Dunkelheit oder ins Licht“, sagt er. Auch Gehrcke fordert die Öffnung der
       türkisch-syrischen Grenze. „Die Grenzen müssen aber auch in Deutschland
       offen sein für Menschen, die fliehen“, forderte er.
       
       Gehrcke ist der einzige bekannte deutsche Politiker, der zu den
       Demonstranten spricht. Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia
       Roth (Grüne), der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet und der
       Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte Christoph Strässer (SPD)
       sind im Programm als „angefragt“ aufgeführt, aber nicht gekommen.
       
       Ohnehin sind nur wenige Deutschstämmige gekommen, die Kurden bleiben bei
       der Demonstration weitgehend unter sich – trotz des öffentlichen Entsetzens
       über die Ereignisse in Syrien und im Irak. Dass sich der Protest nicht
       verbreitert, liegt auch am praktizierten Führerkult um den in der Türkei
       inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan. Die Demonstration steht unter dem
       irritierenden Motto "Stoppt den Terror der IS – Freiheit für Abdullah
       Öcalan", Veranstalter ist das PKK-nahe Demokratische Gesellschaftszentrum
       der Kurden in Deutschland (NAV-DEM).
       
       Unzählige Fahnen mit dem Bild von „Apo“, dem „Onkel“, wie viele hier Öcalan
       nennen, sind zu sehen. Ein überlebensgroßes Banner mit seinem Gesicht wird
       von mehreren Leute getragen. „Apo ist unser Präsident“, rufen die Träger
       immer wieder auf kurdisch.
       
       Sein Konterfei hängt auf der großen Bühne, die vor dem Landtag aufgebaut
       ist, sogar an dem schräg gegenüberstehenden Parkhaus prangt ein riesiges
       Plakat mit seinem Foto. „Öcalan repräsentiert die Kurden“, erklärt Can
       Cicek vom Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeit. „Frieden wird es nur unter
       seiner Einbeziehung geben“, ist er überzeugt.
       
       11 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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