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       # taz.de -- Krise in der Ukraine: Gegenseitiger Beschuss
       
       > Trotz Waffenruhe gibt es fast täglich Kämpfe. Die UNO beziffert die
       > Opferzahl auf mehr als 300 seit September. Poroschenko will Putin
       > kommende Woche treffen.
       
   IMG Bild: Ein Seperatist sitzt im Panzer in der Nähe des Flughafens Donezk Anfang Oktober.
       
       DONEZK/CHARKOW/KIEW dpa/afp | Bei Kämpfen im Osten der Ukraine sind am
       Samstag erneut fünf Menschen getötet worden. In Donezk starben drei
       Zivilisten bei Gefechten, weitere Opfer gab es laut Armee- und
       Behördenangaben in der Region Lugansk und beim Angriff auf einen Konvoi der
       Grenztruppen. Präsident Petro Poroschenko kündigte für den kommenden
       Freitag ein Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin in
       Mailand zu Gesprächen über den Konflikt an.
       
       Die Armee teilte mit, ihre Stellungen in den Regionen Donezk und Lugansk
       seien in der Nacht angegriffen worden. Die Industriestadt Donezk wird seit
       Monaten größtenteils von prorussischen Separatisten kontrolliert. Der
       Flughafen im Norden sowie mehrere Dörfer im Osten der Stadt werden jedoch
       von den Regierungstruppen gehalten.
       
       Zwar hat sich der Konflikt seit Beginn einer Waffenruhe am 5. September
       stark abgeschwächt, doch gibt es weiterhin fast täglich Kämpfe. Auch aus
       der benachbarten Region Lugansk wurden am Samstag Gefechte gemeldet. Laut
       dem Provinzgouverneur wurde ein älterer Mann beim Einschlag einer Granate
       in sein Haus in Popasne getötet.
       
       Südlich von Donezk starb nach Armeeangaben ein Soldat bei einem Angriff auf
       einen Konvoi der Grenzschutztruppen. Laut den Behörden in Kiew wurden damit
       seit Anfang September 120 Soldaten und Zivilisten getötet; die UNO
       beziffert die Opferzahl auf mehr als 300.
       
       ## Gespräche in Mailand
       
       Poroschenko kündigte bei einem Besuch in der ostukrainischen Stadt Charkiw
       an, er werde am kommenden Freitag beim Europa-Asien-Gipfel in Mailand mit
       Putin zu Gesprächen über die Beilegung des Konflikts zusammenkommen. „Ich
       erwarte nicht, dass es einfache Verhandlungen werden", sagte der
       ukrainische Präsident am Samstag in Charkow.
       
       Dabei solle es sowohl um Frieden in der Ostukraine als auch um den
       Gasstreit zwischen Kiew und Moskau gehen, sagte Poroschenko weiter. Er
       werde außerdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Regierungschefs
       Italiens und Großbritanniens, Matteo Renzi und David Cameron, treffen,
       sagte er örtlichen Medien zufolge. Eine Bestätigung des Kreml lag zunächst
       nicht vor. Ein Gespräch beim europäisch-asiatischen Gipfeltreffen (Asem) in
       Mailand am 16. oder 17. Oktober sei aber nicht ausgeschlossen, hatte ein
       Berater Putins zuvor gesagt.
       
       Poroschenko hatte am Freitag Polizeigeneral Alexander Kichtenko zum
       Nachfolger des entlassenen Donezker Gouverneurs Sergej Taruta ernannt, der
       mehrfach seinen Friedensplan kritisiert hatte. Die Führung in Kiew bereitet
       nach dem Wechsel des Gouverneurs in der umkämpften Konfliktregion Donezk
       die Parlamentswahlen auch im Separatistengebiet vor.
       
       Das Militär werde deswegen nicht mit den Aufständischen kämpfen, sagte der
       neue Kiew-treue Chef des Gebiets Donezk. „Aber wir werden die Wahlen auf
       jeden Fall in den Gebieten abhalten, die die ukrainischen Behörden
       kontrollieren“, fügte Kichtenko russischen Agenturen zufolge hinzu.
       
       ## Die Forderungen nach Unabhängigkeit
       
       Die moskautreuen Separatisten in Donezk und Lugansk wollen sich an den
       Wahlen zur Obersten Rada am 26. Oktober nicht beteiligen. Sie planen eigene
       Wahlen Anfang November und wollen damit ihre Forderung nach Unabhängigkeit
       bekräftigen. Die Regierung in Kiew schließt eine Abspaltung der Ostukraine
       aus.
       
       Kichtenko kündigte Verhandlungen mit den Aufständischen an. Die
       Separatisten lehnten Gespräche mit ihm aber entschieden ab. Die
       Gebietshauptstadt Donezk und weite Teile der Region seien unter ihrer
       Kontrolle, sagte Separatistenführer Andrej Purgin. Purgin forderte eine
       Einhaltung der vor fünf Wochen vereinbarten Waffenruhe. Sowohl die Armee
       als auch die prorussischen Separatisten warfen sich gegenseitigen Beschuss
       in der Nacht zum Samstag vor.
       
       Separatistenführer Alexander Sachartschenko rief eine „absolute Waffenruhe“
       aus. Wenn diese eingehalten werde, solle in wenigen Tagen der vereinbarte
       Abzug schwerer Kriegstechnik von der Front beginnen, sagte er zufolge.
       Sicherheitsratssprecher Andrej Lyssenko teilte mit, Kiew sei zu einem
       Rückzug seiner Geschütze bereit, sobald auch die Aufständischen ihre Waffen
       zurückzögen.
       
       Russland warf der Ukraine vor, mit tödlichen Angriffen auf Zivilisten gegen
       die Feuerpause zu verstoßen. Zwar seien die Gefechte im Konfliktgebiet
       zuletzt zurückgegangen, doch setzten Regierungstruppen den Beschuss in
       Donezk, Lugansk und anderen Orten fort, sagte der russische
       OSZE-Botschafter Andrej Kelin in einer vom Außenministerium in Moskau
       veröffentlichten Rede. Kelin forderte die Organisation für Sicherheit und
       Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu einer Untersuchung auf. Kiew gab
       zunächst keine Stellungnahme ab.
       
       11 Oct 2014
       
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