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       # taz.de -- Unterkünfte für Asylbewerber: Notlösungen gesucht
       
       > Die Asyleinrichtungen der Kommunen sind voll. Die einen resignieren,
       > während andere nach alternativen Unterkünften suchen.
       
   IMG Bild: Eigentlich wurden die Zelte für Oktoberfestbesucher errichtet. Nun werden darin Flüchtlinge untergebracht.
       
       STUTTGART/MÜNCHEN/DRESDEN taz | In Baden-Württemberg wehrt sich der
       Landkreis Esslingen dagegen, im November 244 weitere Flüchtlinge
       aufzunehmen. Man habe schlicht keinen Platz mehr, schreibt der Landrat
       Heinz Eininger in einem Brief an Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD),
       ab 15. Oktober wolle und könne er keine weiten Menschen mehr aufnehmen.
       
       Derzeit leben 1.400 Asylsuchende in 35 Unterkünften im Landkreis. Aus der
       Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe sind schon in den vergangenen Monaten
       immer wieder Busse voller Menschen in Esslingen angekommen. Sie müssen in
       einer Turnhalle und in Baucontainern auf dem Schulparkplatz in Nürtingen
       schlafen.
       
       Zwar bemühe man sich um 650 weiter Plätze zu bauen oder in bestehenden
       Gebäuden zu finden. Bis die Zimmer aber bezugsfertig sind, vergehe noch
       mindestens ein halbes Jahr, heißt es aus dem Landratsamt. „Wir haben alles
       mobilisiert. Aber das Land verhandelt nicht. Es stellt uns die Leute
       einfach vor die Türe“, klagt der Kreischef in der Stuttgarter Zeitung.
       
       Die Integrationsministerin äußert zwar Verständnis, sagt aber schon jetzt:
       „Ein totaler Aufnahmestopp ist keine Lösung. Denn auch das Land muss die
       Flüchtlinge aufnehmen, die ihm nach dem Königsteiner Schlüssel zugeteilt
       werden.“ Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg reagiert sieht in der
       Ankündigung des Kreises Esslingen ein Verstoß gegen das
       Flüchtlingsaufnahmegesetz und „ein fatales Signal“.
       
       ## Flüchtlingsgipfel geplant
       
       Der Landrat argumentiert, sein Landkreis sei stark verdichtet. Freie Plätze
       gebe es etwa in Industriegebieten, wo die Unterbringung der Asylsuchenden
       aber nicht erlaubt ist. Der Pressesprecher des Ministeriums sagt, es sei
       durchaus denkbar, den Verteilschlüssel für ländliche Regionen zu erhöhen
       und für Ballungsgebiete zu senken. Darüber müssten sich aber die Landkreise
       untereinander verständigen. Eine dahingehende Einigung gilt als
       unwahrscheinlich.
       
       Eininger hat seinen Brief wohl aus taktischen Gründen diese Woche
       öffentlich gemacht. Am Montag ist ein Flüchtlingsgipfel mit
       Integrationsministerin Bilkay Öney und Ministerpräsident Winfried
       Kretschmann (Grüne) geplant, an dem unter anderem Vertreter großer Städte
       teilnehmen, aber auch Flüchtlingsorganisationen und Vertreter der
       EU-Kommission. Für dieses Treffen ist jetzt ordentlich Dampf im Kessel.
       
       Die Landkreise fordern vom Land unter anderem mehr Geld. Bisher bekommen
       sie 12.500 Euro pro Flüchtling, müssen die Person damit im Schitt 18 Monate
       lang mit Wohnraum sowie Essen versorgen und gegebenenfalls Krankheitskosten
       übernehmen.
       
       ## Unterbringung im Oktoberfestzelt
       
       Weil auch in der Bayernkaserne in München kein Platz mehr ist, haben in der
       Nacht zu Freitag 150 Asylbewerber in München eine Straße blockiert um einen
       Umzug zu erzwingen. Die Protestaktion habe sich an der Forderung einer
       Familie nach einem Einzelzimmer entzündet und sei dann eskaliert, sagt
       Florian Schlämmer, Sprecher der Bezirksregierung Oberbayern. Es sei nicht
       einmal sicher gewesen, dass für jeden Neuankömmling ein Bett bereitstehe.
       Täglich kämen 200-300 neue Asylbewerber.
       
       Aktuell seien etwa 4.000 Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen
       untergebracht. Nach Gesprächen mit dem oberbayerischen
       Regierungspräsidenten Christoph Hillenbrand wurden die Protestierenden in
       Zelten untergebracht, die während des Oktoberfestes an Touristen vermietet
       worden waren. Als langfristige Lösung eignen sich die Zelte aber nicht.
       
       In Sachsen hingenen ist ein weiteres ehemaliges Hotel als
       Asylbewerberunterkunft im Gespräch, berichten die Dresdner Neuesten
       Nachrichten. Derzeit werde geprüft, ob sich der Pappritzer Hof in Dresden
       eignet, um Flüchtlinge aufzunehmen. Insgesamt seien in der Landeshauptstadt
       15 Objekte in der engeren Auswahl. Die Verwaltung wolle Ende Oktober ihre
       konkreten Pläne vorstellen. Die Zahl der Flüchtlinge in Sachsen soll bis
       zum Jahresende voraussichtlich auf 12.400 Personen steigen. (mit dpa und
       epd)
       
       10 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Müssigmann
       
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