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       # taz.de -- „Bravo“ in der Krise: Dick und gemütlicher
       
       > Die Jugendzeitschrift „Bravo“ erscheint ab 2015 nur noch alle 14 Tage,
       > dafür dicker und mit mehr Netzthemen. Doch das wird kaum reichen.
       
   IMG Bild: Ein wöchentliches Magazin ist nicht aktuell genug. Die Konsequenz: Deshalb erscheint Bravo jetzt nur noch alle zwei Wochen.
       
       Das Jugendmagazin Bravo war mal eine Pflichtlektüre. Das Magazin gab
       Antworten auf Fragen, die sich viele Jungen und Mädchen nicht zu fragen
       trauten. Bravo informierte, unterhielt und klärte auf. War, gab,
       informierte – viel Präteritum.
       
       Heute suchen Jugendliche sich die Antworten online. Die Mehrheit von ihnen
       besitzt inzwischen Smartphones. Sie informieren in sozialen Netzwerken oder
       folgen ihren Idolen direkt auf Twitter. Für die Zielgruppe der 12- bis
       17-Jährigen ist ein wöchentlich erscheinendes Magazin nicht aktuell genug.
       
       Das dürften auch die Macherinnen und Macher gemerkt haben – und so
       erscheint die Bravo fortan nicht mehr wöchentlich. Sie erscheint ab 2015
       vierzehntäglich, dafür aber mit etwas größerem Umfang. Zusammen mit dem
       Onlineauftritt Bravo.de soll eine „modern vernetzte Medienwelt“ entstehen,
       verspricht Verlagsgeschäftsführer Marc de Laporte. So soll endlich der
       Ausweg aus der Krise gefunden werden.
       
       Denn die Marke Bravo steckt schon lange in der Falle. Die Verkaufszahlen
       gehen rasant zurück. Wurden vor zehn Jahren noch fast 560.000 Hefte
       verkauft, waren es im zweiten Quartal 2014 nur noch 145.000. „Bravo hat die
       Medienentwicklung verschlafen“, sagt Gabriele Rohmann, Leiterin des Archivs
       der Jugendkulturen in Berlin. „Sie hat sich lange auf dem scheinbaren
       Alleinstellungsmerkmal ausgeruht, das erste und lange einzige Jugendmagazin
       seiner Art zu sein.“ Die Bravo sei aber längst nichts Besonderes mehr.
       
       ## Sparmaßnahmen und Entlassungen
       
       Als Reaktion darauf leitete die Bauer Medien GmbH, zu der die Bravo gehört,
       Sparmaßnahmen ein. Ressorts wurden aufgelöst und Mitarbeiter entlassen.
       Doch der Relaunch im letzten Jahr und der Austausch der Chefredaktion
       konnte die Leser nicht zurückbringen. Anstatt in die Qualität der Inhalte
       zu investieren und Themen anzusprechen, die Jugendliche im Alltag bewegen,
       bot Bravo nach dem letzten Relaunch noch mehr Klischees.
       
       Das Magazin wurde inhaltlich platter, versuchte reißerischer zu sein. Titel
       wie „Plötzlich Schlampe“, „Tödliche Sex-Sucht“ oder „Sauf-Tour durch
       Europa“ waren auf den Covern. Die Verkaufszahlen sanken weiter. „Junge
       Menschen durchschauen das“, sagt Gabriele Rohmann, „das macht die
       Identifikation mit dem Blatt schwierig.“
       
       „Grundsätzlich hat das veränderte Mediennutzungsverhalten Bravo stark
       beeinflusst, keine Frage. Und wir stehen mit der jüngsten Leserschaft im
       Zeitschriftenmarkt sicher an vorderster Front der Printkrise“, sagt de
       Laporte.Die Umstellung auf ein „Social Magazine“ soll nun die Wende
       bringen. Das neue Format soll das Magazin und die sozialen Netzwerke
       stärker zusammenführen. Seit Mitte September ist Bravo.de in neuem Design
       online. Die Website ist aufgeräumter und übersichtlicher geworden.
       
       Die Aufteilung ist simpel: zwei Spalten auf weißem Hintergrund. Die
       Neuauflage des Onlineauftritts war überfällig. Die alte Website von Bravo
       war überladen. Es blinkte in verschiedensten Farben, eine klare
       Strukturierung war kaum zu erkennen. „Eine Reizüberflutung, die man auf
       Dauer nicht aushält“, beschreibt Rohmann die alte Seite.
       
       ## Schon immer „social“
       
       Immerhin folgten und folgen die Leserinnen und Leser der Bravo online: 2013
       konnte Bravo.de seine [1][Seitenaufrufe] im Vergleich zum Vorjahr auf
       sieben Millionen verdoppeln. [2][Bei Facebook] verzeichnet Bravo inzwischen
       mehr als 1.000.000 Likes.
       
       Die Bravo will nun verstärkt vom Austausch zwischen Onlineauftritt und
       Magazin profitieren und beruft sich auf seine soziale Tradition. „Im
       Prinzip war Bravo schon immer social. Das, was in der Bravo stand, war auch
       früher schon Gesprächsstoff auf dem Schulhof, wurde damals schon geteilt,
       als es noch kein Internet oder Smartphone gab“, sagt Marc de Laporte.
       
       Die Medienwelt habe sich geändert, die Teenager aber nicht, so der
       Verlagsgeschäftsführer weiter. „Jugendliche sprechen auch heute nur über
       Themen, wenn diese eine Relevanz für das eigene Leben haben und wenn sie
       diese mit ihren Freunden teilen können – egal auf welchem Kanal.“
       
       Doch damit könnte er sein Publikum unterschätzen. Die Jugendlichen seien in
       einem Alter, in dem sie ihre Umwelt kritisch wahrnehmen würden, sagt
       Rohmann: „Umweltverschmutzung, Geschlechterrollen, Jugendarbeitslosigkeit,
       also gesellschaftlich relevante Themen. Damit wäre ein
       Unterscheidungsmerkmal geboten, das die Bravo dringend benötigt.“ Das
       Magazin hätte laut Rohmann das Potenzial, Begriffe in den Jugendkulturen
       ohne autoritären Ton kritisch zu hinterfragen.
       
       ## Oberflächliche Berichterstattung
       
       So habe zum Beispiel der Ausdruck „Bitch“ teilweise eine positive,
       emanzipatorische Bedeutung. Je nach Jugendkultur können solche Begriffe
       andere Bedeutungen haben. „Die Bravo könnte solche Entwicklungen verfolgen,
       ohne zu verbieten, sondern darüber informieren“, sagt Rohmann. Bei Bravo
       kennt man das Problem. „Wir müssen noch näher an das Leben der Teenager
       ran. Daher wird Bravo künftig mehr Lebensnähe bieten und sich auch
       thematisch wieder breiter aufstellen“, sagt de Laporte.
       
       Doch dafür könnte schon zu viel gekürzt worden sein bei der Bravo. Für
       Gabriele Rohmann lässt sich so jedoch kein Jugendmagazin betreiben. „Wer
       Jugendkultur verstehen möchte, braucht Zeit.“ Wer sich diese nicht nehme,
       bleibe an der Oberfläche und müsse sich Klischees bedienen. „Letztlich ist
       es eine Frage der Qualität.“
       
       9 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bravo.de
   DIR [2] http://www.facebook.com/BRAVO.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Schmaltz
       
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