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       # taz.de -- Auf der Spur der Architektur: Geschichte aus Beton
       
       > Das Buch „Bremer Bauten“ gibt Einblicke in Bremer Bauweisen. Studierende
       > suchen nach eigenen mitunter frei assoziierten Zugängen.
       
   IMG Bild: Damals neuste Mode im "International Style", heute ein altes Haus: Das ehemalige amerikanische Generalkonsulat.
       
       Die Angst vor Extremen hat Bremen manches Übel erspart: Hochhäuser am
       Teerhof etwa, eine Idee von 1965. Oder die Restauration des historischen
       Weserufers – radikal-romantisch eher der Atmosphäre verpflichtet als der
       Geschichte. So hat es der Architekt Leon Krier zehn Jahre später
       vorgeschlagen.
       
       Seinerzeit war es handfeste Politik, was die am Montag eröffnete
       Ausstellung „Architektur_Auf der Spur“ heute als Randnotizen der
       Architekturgeschichte zeigt. Damit und vor allem mit tatsächlich Gebautem
       haben sich 50 Studierende der „School of Architecture“ und der Hochschule
       für Künste fotografisch und schreibend auseinandergesetzt. Manche nüchtern
       mit dem Fachblick angehender ArchitektInnen. Andere erforschen die in der
       Stadt verstreuten Gebäude eher frei assoziierend.
       
       So schreibt Martin Bertram über seinen Besuch der Bremer Volksbank, einem
       Sichtbeton-Klotz von 1963 mitten im Postkartenpanorama der Domsheide: Im
       Gebäude kämen ihm die Angestellten wie Tempelwächter vor, „die Reichtümer
       an das große Skelett in der Mitte liefern.“ Etwa 400 Fotos und Texte an
       Hörstationen haben die Studierenden mit der Schriftstellerin Betty Kolodzy
       und dem Fotograf Nikolai Wolff erarbeitet.
       
       Von einem „Bremen, wie es hätte sein können“, spricht Eberhard Syring,
       Professor für Architekturtheorie und wissenschaftlicher Leiter des Bremer
       Zentrums für Baukultur (b.zb) angesichts der Modelle nicht umgesetzter
       Bauten. Heute sieht Bremen anders aus, weil man „zu konservativ für die
       konservative Bauweise war“, sagt Syring ohne Bedauern.
       
       Tatsächlich hat Bremen immer nah am Zeitgeist gebaut. Das zeigt ein Blick
       in das parallel zur Ausstellung erscheinende, knapp 500 Seiten starke Buch
       „Bremen und seine Bauten 1950-1979“. Immer 15 Jahre lang ein Mainstream und
       dann der nächste. Diesen Epochenwechseln geht das Buch nach und gibt dabei
       auch kulturgeschichtliche Einblicke. Über die 50er etwa, in denen die
       Innenstadt als Einkaufslandschaft des Wirtschaftswunders ausgebaut wurde.
       
       Auf einführende Texte in die jeweilige Epoche folgen detaillierte
       Darstellungen von Einzelbauwerken: zehn pro Jahr mit historischen Fotos und
       Bauskizzen. Zu sehen sind nicht nur „ästhetisch hervorragende Beispiele“,
       sagt Syring, sondern – mit Blick nach Tenever – eben auch „für ihre Zeit
       charakteristische“.
       
       Auch so eine Beton gewordene Politik: Die Hochhaussiedlung ist auf halber
       Strecke gestoppt worden, weil dann plötzlich doch niemand darin mieten
       wollte. Außerdem übten Fragen der Verkehrsführung immer größeren Einfluss
       auf Stadtplanung aus. Die Mozarttrasse zeigt, wie Widerstand aus der
       Bevölkerung begann, ins vormalige Herrschaftswissen der Stadtplaner
       einzugreifen.
       
       Das Buch ist eine beeindruckende Materialsammlung für Fachleute und
       Bremensien-Freunde gleichermaßen. Der tastende Blick der Studierenden, den
       die Ausstellung wiedergibt, ist eine außergewöhnliche Ergänzung. Nicht nur,
       weil auch heute noch Politik zu zeitgenössisch geformtem Beton wird.
       
       ## Ausstellung bis 24. Oktober in der Bürgerschaft
       
       6 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan-Paul Koopmann
       
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