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       # taz.de -- Die Wahrheit: Flitterwochen mit einem Bauchredner
       
       > Die Finnenwoche der Wahrheit: Auf gar wundersamen Wegen gerät eine Dame
       > in den Norden der bekannten Welt und erlebt Wunderliches.
       
   IMG Bild: Ergib dich, du vergeistigter Schlappschwanz von einem Zombie-Roboter, oder ich mach dich nackig!
       
       Vor vielen, vielen Jahren begab es sich, dass mich ein merkwürdiger
       Umstand, auf den noch näher eingegangen werden muss, in das wundersame
       Ländchen der Finnen verschlug, wo mir Merkwürdiges widerfuhr.
       
       Ich war siebzehn Jahre alt und hatte mich in einem kommunistischen
       Arbeitslager in einen taubstummen kapitalistischen Gebärdendolmetscher
       verliebt. Gemeinsam überlisteten wir mit einem unfassbar raffinierten Trick
       die bis an die Zähne bewaffneten Kerkermeister und konnten so ausbrechen.
       Ich folgte meinem Geliebten – dessen Namen ich leider nie erfahren habe, da
       ich der Gebärdensprache nicht mächtig bin – von Sibirien nach Thailand, von
       Singapur einmal über den Äquator und zurück. Von dort aus nach Dortmund, wo
       er mich wegen einer brasilianischen Sexbombe sitzen ließ und verschwand.
       
       Erst in Las Vegas trafen wir abermals aufeinander. Er hatte mittlerweile
       das Bauchreden erlernt und konnte mir so von seinem tragischen Schicksal
       erzählen: Seine Mutter hatte seinen Vater nie kennengelernt und war vor
       Gram darüber lange vor seiner Geburt gestorben. Aus Mitleid nahm ich seinen
       Heiratsantrag an und erklärte mich damit einverstanden, die Flitterwochen
       auf einem abgelegenen finnischen Acker zu verbringen.
       
       Dort angekommen, staunten wir nicht schlecht. Auf dem schneebedeckten Acker
       stand eine winzige Holzbude von der Größe eines Dixi-Klos. Aus allen
       Himmelsrichtungen strömten Menschen in Mumin-Verkleidungen herbei und
       verschwanden in der Hütte. Es waren Hunderte, ach was – Tausende! Wir
       schlossen uns dem Strom an und quetschten uns ebenfalls in die Hütte. Wir
       staunten Eiswürfel. Die von außen so winzige Hütte war von innen eine
       riesige, palastartige Halle. Überall saßen die Menschen in Kostümen und
       starrten schweigend auf ihre Füße. Es war so still, dass man eine Steckrübe
       hätte fallen hören können. Eine unheimliche Vorahnung bemächtigte sich
       meiner. War dieses laut- und bewegungslose Spektakel nur der Auftakt zu
       etwas ganz anderem?
       
       Und richtig: Wie auf ein geheimes Zeichen sprangen plötzlich alle auf und
       rissen sich die Muminfelle vom Leib. Die Temperatur stieg auf 80 bis 100
       Grad Celsius und die schwitzenden Nackten traktierten einander mit
       Birkenruten. Aus einer unsichtbaren Quelle entsprangen todtraurige
       Tangoklänge. Die Menschen brachen allesamt in Tränen aus und zauberten aus
       dem Nichts Flaschen mit Hochprozentigem hervor, das sie sich eilends die
       Kehlen hinabschütteten. Das alles war zu viel für mich – ich fiel in
       Ohnmacht.
       
       Als ich wieder erwachte, lag ich mutterseelenallein auf dem Acker. Neben
       mir nur ein dunkles Roggenbrot und ein Zettel: „Ich bin unserer Ehe nun
       müde. Tschau!“ Ich muss gestehen, dass ich sehr erleichtert war. Er hörte
       gern Heintje, und das hatte ich als unheimlich empfunden.
       
       Ich pfiff ein Taxi heran, um heimzufahren. Am Lenkrad saß Mika Häkkinen,
       den ich schon aus dem Fernsehen kannte. Na, das war ein Hallo! Wir
       drückten, kosten und herzten einander und steuerten gemeinsam neuen
       Abenteuern entgegen.
       
       7 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Corinna Stegemann
       
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