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       # taz.de -- Krise bei Borussia Dortmund: Misserfolgsfans in Schwarz-Gelb
       
       > Der BVB stolpert in der Bundesliga auch über den HSV. Doch die Südtribüne
       > stärkt mit minutenlangem Applaus ihren kriselnden Helden den Rücken.
       
   IMG Bild: Keine Meckerecke: Südtribüne Dortmund
       
       DORTMUND taz | Roman Weidenfeller brauchte am längsten, um die
       Großartigkeit des Augenblicks zu erkennen, den das Dortmunder Publikum nach
       der 0:1-Niederlage gegen den HSV schuf. Wie seine Mitspieler hatte sich der
       Torhüter des BVB der Südtribüne genähert und kurz applaudiert, eine
       pflichtbewusste Geste des Dankes. Dann machte er sich auf den Weg Richtung
       Kabine, aber keiner der Kollegen folgte. Wie angewurzelt blieben die
       anderen Verlierer stehen und staunten über die warme Zuneigung, die ihnen
       von den gut 20.000 Leuten entgegenschlug.
       
       Irgendwann kehrte auch Weidenfeller zurück zur berühmten „Gelben Wand“, die
       minutenlang sang und applaudierte. Es war eine beeindruckende
       Liebeserklärung der Fans an ihre kriselnden Helden. Kapitän Sebastian Kehl
       berichtete danach, dass er „nur ganz selten so eine Gänsehaut“ verspürt
       habe und Kevin Großkreutz sagte bewegt: „So einen Zusammenhalt gibt es nur
       in Dortmund.“
       
       Schon lange ist der „Echte Liebe“-Slogan, mit dem der BVB sich selbst
       vermarktet, nicht mehr so eindrucksvoll mit Leben gefüllt worden.
       
       Dabei hätte man eigentlich eine völlig andere Reaktion erwarten können.
       Nach der Derbyniederlage gegen Schalke und diesem schwachen Spiel gegen den
       HSV kursiert nämlich rund um den BVB ein böser Vorbehalt: Weil die
       Mannschaft in der Champions League auftritt wie ein ganz großes
       Spitzenteam, wuchern Zweifel an der richtigen Haltung zum Bundesligaalltag.
       „Wer sich für uns interessiert, sich aber nicht in uns reinversetzen kann,
       der kommt relativ schnell zu dem Schluss, dass mit der Einstellung etwas
       nicht in Ordnung ist“, räumte Trainer Jürgen Klopp dann auch ein.
       
       Dieser Verdacht ist im Profifußball keine Lappalie. Immer noch herrscht die
       naheliegende, aber auch etwas eindimensionale Ansicht, wer Millionen
       verdient, müsse sich gefälligst alle drei Tage den Hintern aufreißen. Und
       wenn es auf Champions-League-Niveau klappe, dann müsse doch so ein HSV vom
       letzten Tabellenplatz locker aus dem Stadion gefegt werden, oder? Solche
       Schlichtheiten bekämpfen die Dortmunder mit aller Macht.
       
       „Es liegt nicht an der Einstellung“, sagte Kapitän Sebastian Kehl in jedes
       Mikrofon, und Klopp hielt eine lange Rede über die wahren Kräfte, die die
       Krise in seinen Augen forcieren.
       
       ## Schuld sei die Form
       
       Es gehe derzeit „weder um Qualität noch um Einstellung, es geht im Moment
       um Form“, sagte der Trainer. Einige Spieler könnten ihre Leistung „an
       manchen Tagen abrufen und an anderen nicht“. Der Rhythmus
       Samstag-Mittwoch-Samstag überfordere diesen von Verletzungen gebeutelten
       Kader. Es fehlen Automatismen, was möglicherweise auch an Klopps ständigen
       Systemumstellungen liegt. In jedem Fall hätten einige „Jungs noch keinen
       Zugriff auf ihre Festplatte“, meinte der Trainer.
       
       Hinzu kämen „unterschiedliche Gründe“, die viel „mit der individuellen
       Situation einiger Spieler zu tun“ haben, fuhr er fort. Sven Bender war nach
       seiner Verletzung eigentlich reif für eine Pause, musste aber mangels
       Alternativen spielen, Mats Hummels und Marcel Schmelzer fehlt nach
       wochenlanger Rekonvaleszenz der Rhythmus, und die Neuzugänge Ciro Immobile
       und Adrian Ramos sind noch nicht gut genug integriert, um konstant so stark
       zu spielen wie unter der Woche beim RSC Anderlecht.
       
       Diese giftige Mixtur der kleinen Unzulänglichkeiten ergibt dann an
       schlechten Tagen ein Gesamtbild der fußballerischen Planlosigkeit, wie es
       das Dortmunder Publikum eigentlich nicht gewohnt ist. „Sobald es 25, 30
       Meter vor das Tor ging, konnten wir keinen entscheidenden Pass mehr
       spielen“, meinte Marcel Schmelzer. Gegen eine etwas stabilere
       Kontermannschaft hätte der BVB an diesem Nachmittag vermutlich drei, vier
       Tore kassiert, denn die Defensive war praktisch 90 Minuten lang
       erschreckend anfällig für schnelle Gegenstöße. „Dieser 4. Oktober ist der
       Tiefpunkt und der Startpunkt für eine neue Saison“, versuchte Klopp am Ende
       noch etwas Zuversicht zu verbreiten.
       
       Ganz so neu, wie Klopp sich das vielleicht wünschen würde, wird diese
       Saison aber nicht mehr werden. Zehn Punkte beträgt der Rückstand auf den FC
       Bayern mittlerweile, die Meisterschaft ist schon jetzt so gut wie verloren.
       Zwar werden in der Länderspielpause Marco Reus, Henrikh Mkhitaryan, Ilkay
       Gündogan und vielleicht sogar Jakub Blaszczykowski im Kreis der
       einsatzfähigen Spieler zurückerwartet, aber da bald ein Viertel des
       Spieljahres absolviert ist, erscheint auch die zur Pflicht erklärte
       Qualifikation für die Champions League langsam wie eine recht große
       Herausforderung.
       
       5 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Theweleit
       
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