URI: 
       # taz.de -- Dezentrale Kommunikation in Hongkong: Mit FireChat zur Demo
       
       > Eine App macht die Protestierenden in Hongkong unabhängig vom Internet.
       > Das Problem der Überwachung löst das Programm jedoch nicht.
       
   IMG Bild: Das Telefon ist immer dabei
       
       BERLIN taz | Internetfähige Smartphones sind inzwischen unerlässliche
       Begleiter von Dissidenten und Protestierenden in aller Welt. Der arabische
       Frühling wurde auf Twitter zwar nicht ausgerufen, hatte mit dem Dienst aber
       ein Medium gefunden, das für die zügige und breite Kommunikation unter den
       Demonstrierenden, genauso wie zu Sympathisantinnen und Journalistinnen in
       aller Welt ideal war.
       
       Auch die aktuellen Proteste in Hongkong werden von mobilen Geräten über
       soziale Medien koordiniert und finden darüber auch den unmittelbaren Weg in
       eine weltweite Öffentlichkeit. Nicht zufällig greift die chinesische Zensur
       in Zeiten akuter politischer Konflikte massiv in den Internetverkehr ein,
       zuletzt mit der Sperrung des Bilderdienstes Instagram.
       
       Was wie ein großes technologiegestütztes Unabhängigkeitsversprechen wirkt,
       hat natürlich auch seine Nachteile. Von der Zensur einmal abgesehen bieten
       die materiellen wie virtuellen Kommunikationsmittel Behörden nicht wenige
       Mittel zur Überwachung und sind dazu für zufällige oder absichtliche
       Störungen anfällig.
       
       Als im Juni diesen Jahres die irakische Regierung über Zensur und
       Abschaltungen vorgeblich den Propagandakrieg der IS-Terrormiliz eindämmen
       wollte, stieg die Nutzung zweier Technologien im Land sprunghaft an:
       [1][einmal die des Anonymisierungsnetzwerkes Tor] und die einer Chat-App
       für iOS- und Android-Geräte, [2][namens FireChat].
       
       ## Ein Gerät alle 10 Meter
       
       Letztere verzeichnet dieser Tage [3][in Hongkong einen rasanten Anstieg]
       der Nutzerzahlen. Kein Wunder, denn FireChat funktioniert auch dann, wenn
       das Telefon ohne Netzzugang ist. Via Bluetooth und Wlan werden alle Geräte
       mit der installierten App miteinander vernetzt. Das Versenden von
       Nachrichten funktioniert über jede Strecke, solange ca. alle 10 bis maximal
       60 Meter ein teilnehmendes Gerät geschaltet ist. Das heißt: Die
       Kommunikation kann nicht ohne weiteres zentral unterbrochen werden.
       
       Nach dem selben Prinzip arbeiten die Mesh-Netzwerke der Freifunker, die in
       deutschen Städten dezentrale Netzwerke aufbauen. Christian Heise,
       Mitbegründer und Vorstand des [4][Fördervereins Freie Netzwerke] weist
       gegenüber der taz aber auch auf die größte Schwäche dieser Technologie hin,
       nämlich die unverschlüsselte Kommunikation.
       
       Im Prinzip müsse sich nur ein chinesischer Ministerialbeamter auf einen
       zentralen Platz in Hongkong stellen und könnte relativ unkompliziert den
       über FireChat abgewickelten Datenverkehr abrufen, so Heise und ergänzt:
       „FireChat mit einer End-to-end-Verschlüsselung auszustatten wäre ein guter
       Schritt hin zu einer sichereren Kommunikation.".
       
       Das Problem, dass die Hardware, die Telefone in diesem Fall, selber schon
       genug Einfallstore für Überwachung bietet, wird so jedoch auch nicht
       gelöst. Die [5][Berichte über den Einsatz von Trojanern], die praktisch
       sämtliche Informationen auf den Geräten auslesen können, sprechen für sich.
       „Egal, ob verschlüsselt oder nicht, am wichtigsten ist, sich genau zu
       überlegen was man schreibt. Schließlich gibt es keine Technologie, die
       Kommunikation hundertprozentig abhörsicher macht“, lautet deshalb das Fazit
       Christian Heises.
       
       2 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.dailydot.com/politics/iraq-internet-censorship-tor/
   DIR [2] http://www.theguardian.com/technology/2014/jun/24/firechat-updates-as-40000-iraqis-download-mesh-chat-app-to-get-online-in-censored-baghdad
   DIR [3] http://www.theregister.co.uk/2014/09/30/hong_kong_protestors_mesh_up_to_bypass_censorship/
   DIR [4] http://freifunk.net/
   DIR [5] http://www.theregister.co.uk/2014/10/01/hong_kong_protesters_targeted_with_ios_droid_spyware/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Freifunk
   DIR Kommunikation
   DIR Hongkong
   DIR New York
   DIR Netz
   DIR Internet
   DIR Hongkong
   DIR Hongkong
   DIR China
   DIR China
   DIR Hongkong
   DIR China
   DIR Hongkong
   DIR Schwerpunkt Occupy-Bewegung
   DIR China
   DIR Geheimdienst
   DIR Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hotspots in New York: Wifi soll Telefonzellen ersetzen
       
       Öffentlichen Fernsprechern in New York droht das Aus. Sie werden durch
       Hotspots ausgetauscht. Das Internet soll rund 20 Mal schneller sein als mit
       gewöhnlichen Leitungen.
       
   DIR Freies Netz in Berlin: W-Laaaaaaaaangweilig!
       
       Der Senat unternimmt den vierten Anlauf zu freiem W-Lan in der Innenstadt.
       Diesmal will er private Betreiber mit Subventionen locken.
       
   DIR Google-Chef befürchtet Internet-Ende: Spitzel warnen vor Spitzeln
       
       Die NSA ist schuld. Das Internet könnte durch Ausspähung „zerbrechen“,
       meint Google-Chef Schmidt. IT-Firmen und Politiker fordern von der
       US-Regierung Konsequenzen.
       
   DIR Proteste in Hongkong: Angst vor der Räumung
       
       Die Polizei geht gegen die Demonstranten in Hongkong mit Pfefferspray und
       Schlagstöcken vor. Jetzt fürchten die Protestierenden, dass die
       Sicherheitskräfte sie räumen.
       
   DIR Proteste in Hongkong: Raubtier von Pekings Gnaden
       
       Die Vita des verhassten Regierungschefs Leung zeigt, wie groß der Einfluss
       der Kommunistischen Partei in Hongkong ist. Offiziell gibt es die hier gar
       nicht.
       
   DIR Proteste in Hongkong: Gelb gegen blau
       
       Mafia-Schläger, Festnahmen und Verletzte: Die Situation in Hongkong wird
       unübersichtlich. Gegner der Proteste gehen gegen die prodemokratischen
       Demonstranten vor.
       
   DIR Occupy Central in Hongkong: Kein Dialog mit der Regierung
       
       Die Emotionen kochen hoch: Organisierte Banden und andere Gegner greifen
       die Protestierenden an. Die Demokratiebewegung sagt Gespräche mit der
       Regierung ab.
       
   DIR Politologe über Proteste in Hongkong: „Ich erwarte das Anaconda-Szenario“
       
       Der Politologe und Meinungsforscher Michael DeGolyer vom „Hong Kong
       Transition Project“ über die Ursachen und Perspektiven der
       Demokratieproteste.
       
   DIR Nationalfeiertag in China: Party gegen Peking
       
       Das große Feuerwerk wurde abgesagt. Die Proteste vermiesen der
       Stadtregierung in Hongkong die Feiern zum chinesischen Nationalfeiertag.
       
   DIR Hongkonger Protestanführer Wong: Revolutionärer Teeniestar
       
       Seit zwei Jahren mobilisiert Joshua Wong zu Protesten gegen die
       kommunistische Regierung. Auch bei den jetzigen Demos ist er einer der
       Anführer.
       
   DIR Kommentar Occupy Hongkong: Die Botschaft kommt in China an
       
       Die Führung der Kommunistischen Partei in Peking befürchtet, die Proteste
       in Hongkong könnten aufs Festland überschwappen. Zu Recht.
       
   DIR Proteste in Hongkong: Die perfekte Welle
       
       Sie sammeln Müll, ihr Wasser ist gekühlt und die Stimmung fast ausgelassen:
       Aus einzelnen Protestaktionen ist eine stadtweite Bewegung geworden.
       
   DIR Überwachung beenden: Ein Netz, zwei Netze, viele Netze
       
       Überall Ausspähung. Kann man der NSA wirklich nicht entfliehen? Doch, es
       gäbe Möglichkeiten. Es ist eine Frage der Macht, ob sie umgesetzt werden.
       
   DIR Zivilgesellschaft und Technologie: Kleine, freie Netze
       
       Sie kämpfen gegen Korruption in Kamerun und bringen Netflix in
       amerikanische Reservate: Unabhängige WLAN-Netzwerke.