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       # taz.de -- Hongkong-Proteste am Nationalfeiertag: Aktivisten in China festgenommen
       
       > In verschiedenen Städten werden am chinesischen Nationalfeiertag
       > prodemokratische Bürger verhaftet. Und in Hongkong werden Aktivisten von
       > Hackern attackiert.
       
   IMG Bild: Hongkong: Ohne Regenschirm geht als Demonstrant gar nichts
       
       HONGKONG/PEKING dpa/afp | Die Proteste in Hongkong haben am Mittwoch die
       Feiern zum 65. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China begleitet.
       Mit Gesängen und Buhrufen kommentierten prodemokratische Demonstranten am
       Morgen das traditionelle Hissen der Flaggen Chinas und Hongkongs auf dem
       Golden Bauhinia Square. Die Polizei schritt zunächst nicht ein.
       
       Der prodemokratische Abgeordnete Leung Kwok Hung wurde von
       Sicherheitskräften abgeführt, als er kurz vor Abspielen der chinesischen
       Nationalhymne lauthals „echte Wahlen“ forderte. Als Zeichen seiner
       Unterstützung für die Demokratiebewegung spannte Bezirksrat Paul Zimmermann
       mitten während der Zeremonie zum Nationalfeiertag einen gelben Regenschirm
       auf.
       
       An der Zeremonie nahmen neben dem umstrittenen Chef der
       Sonderverwaltungszone, Leung Chun Ying, und Chinas wichtigstem Vertreter
       Zhang Xiaoming weitere Ehrengäste vom Festland teil. In einer
       anschließenden Rede ging Leung nicht ausdrücklich auf die Proteste ein. Er
       sagte lediglich, es sei zwar verständlich, wenn es unterschiedliche
       Meinungen zu den erwünschten Reformen gebe, jedoch seien "allgemeine
       Wahlen" allemal besser als keine. Gleichzeitig beschwor er die
       Notwendigkeit zur Zusammenarbeit zwischen Hongkong und Peking.
       
       Viele der Demonstranten hatten trotz heftigen Regens erneut die Nacht im
       Freien verbracht. Die anschließende Kundgebung am Morgen blieb friedlich,
       Reihen von Studenten bildeten einen Puffer zwischen Polizei und
       Demonstranten. Deren Zahl dürfte sich im Laufe des Tages weiter erhöhen.
       
       ## Hackerangriff auf Demonstranten
       
       Mit einem Trojaner für Mobiltelefone haben vermutlich chinesische Hacker
       die prodemokratischen Demonstranten in Hongkong angegriffen. Die
       Spionagesoftware befalle nicht nur Android-Handys, sondern könne auch das
       Apple-Betriebssystem iOS infizieren, berichtete das amerikanische
       Sicherheitsunternehmen Lacoon Mobile Services am Donnerstag. Die Angreifer
       könnten damit „praktisch alle Informationen“ wie Emails, Kurznachrichten,
       Adressbücher, Anrufdaten, Benutzernamen oder Passwörter lesen.
       
       Ein Link zu dem mobilen Trojaner (mRAT) sei als vermeintliches Programm zur
       besseren Koordination der Proteste über Whatsapp verbreitet worden.
       Whatsapp ermöglicht den Austausch von Textnachrichten, Bildern, Videos,
       Ton-Dateien sowie des eigenen Standortes. Es seien allerdings nur
       Apple-Geräte betroffen, bei denen zuvor ein „Jailbreak“ gemacht worden sei,
       um nicht freigegebene Software zu installieren, heißt es. Plattform
       übergreifende Trojaner seien selten, was auf „eine sehr große Organisation
       oder eine Nation“ als Urheber hindeute.
       
       Da die Software auch chinesischsprachig sei und auf die Demonstranten in
       Hongkong ziele, vermuten die Experten eine Verbindung zu den
       Cyberaktivitäten chinesischer Regierungsstellen. Die „Xsser mRAT“ genannte
       Schadsoftware sei besonders fortschrittlich und der erste chinesische
       Trojaner, der auch iPhones angreifen könne.
       
       ## Über 20 Verhaftungen
       
       Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe China Human Rights Defenders (CHRD)
       sind in China sind in den vergangenen Tagen zahlreiche Aktivisten
       festgenommen worden, weil sie die Proteste in Hongkong unterstützten. Wie
       die Organisation am Mittwoch erklärte, wurde unter anderem der Aktivist
       Wang Long am Montag in der Metropole Shenzhen festgenommen, nachdem er
       Informationen über die Demonstrationen ins Internet gestellt hatte.
       
       Der Gruppe zufolge wurde zudem am Dienstag die aus Shanghai stammende
       Aktivistin Shen Yanqiu festgesetzt, nachdem sie Tage zuvor ein Bild von
       sich selbst mit rasiertem Kopf als Unterstützung für die Hongkong-Proteste
       veröffentlicht hatte. Sie werde an einem „unbekannten Ort festgehalten“,
       erklärte CHRD.
       
       Bis zu „20 Bürger“ wurden demnach am Dienstag in Guangzhou nahe Hongkong
       festgenommen, weil sie sich in einem Park zur Unterstützung der
       Protestbewegung getroffen hatten. Zwei Aktivisten sei während ihrer
       vorübergehenden Festnahme das Essen verweigert worden.
       
       ## Keine Zugeständnisse aus Peking
       
       Die Proteste in Hongkong sind die größten seit der Rückgabe der britischen
       Kronkolonie an China im Jahr 1997. Sie richten sich gegen eine von Peking
       verwehrte Wahlreform in Hongkong. Zwar soll die Bevölkerung dort 2017
       erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, doch will die
       Zentralregierung in Peking zuvor ihr genehme Kandidaten auswählen, um so
       ihren Einfluss zu sichern.
       
       Chinas unpopulärer Statthalter Leung hatte die Demonstranten am Dienstag
       aufgefordert, ihre seit Sonntag anhaltende „illegale“ Besetzung des
       Finanzdistrikts sofort einzustellen. Dies wurde von der Bewegung Occupy
       Central abgelehnt, sie bekräftigte vielmehr ihren Ruf nach Leungs
       Rücktritt.
       
       Der Vorsitzende von Hongkongs Studentenverband, Alex Chow, drohte mit einer
       Ausweitung der Proteste, sollte die Regierung bis Donnerstag nicht auf die
       Forderungen reagieren. Die Führung in Peking machte aber bereits deutlich,
       dass sie zu keinen Zugeständnissen bereit ist.
       
       1 Oct 2014
       
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