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       # taz.de -- MC Fitti mit neuem Album und Buch: Gebt mir noch 'nen Nebenjob
       
       > In seinem literarischen Debüt klärt MC Fitti Fragen, die man noch nicht
       > gestellt hat. Und auf dem neuen Album spricht er seiner Zielgruppe aus
       > dem Herzen.
       
   IMG Bild: Sein Buch heißt „Aus meinem Auspuff kommt Konfetti“, sein neues Album „Piece“: Dirk Witek alias MC Fitti
       
       Sie kennen nicht den Unterschied zwischen Snapback und Fitted? Haben noch
       nie von den Flamingo-Girls gehört? Kommunizieren nicht vorzugsweise mit
       Emoticons? Wollten auch noch nie wissen, wie man den Geilon-Nerv trifft?
       Und haben echt keine Lust, jetzt zu lernen, was das Adjektiv „laser“
       bedeutet?
       
       Ja, Pech: Trotzdem auf das allerherzlichste willkommen in der Welt von MC
       Fitti. MC Fitti, das ist dieser lustige Typ mit dem langen Bart, den sie
       vielleicht aus dem Fernsehen kennen. Und wenn nicht von dort, dann bestimmt
       aus der Werbung für eine Unterhaltungselektronik-Fachmarktkette. Fitti, das
       ist der mit den nicht allzu überragenden Fähigkeiten als Rapper und den
       geradezu teuflisch anmutenden Kompetenzen als Produktplatzierer,
       360-Grad-Vermarktungsfläche und Allround-Witzbold.
       
       Zugegeben: Die Karriere von Dirk Witek, geboren in Gifhorn vor 38 Jahren,
       wohnhaft in Berlin, ist eine der erstaunlichsten, die der deutsche Rap zu
       bieten hat. Platz zwei in den deutschen Album-Charts für das im vergangenen
       Jahr erschienene Debüt [1][„Geilon“], ausverkaufte Tourneen, lukrative
       Werbedeals. Deshalb wird diese Karriere nun fortgesetzt und die
       Produktpalette weiter ausdifferenziert: Das neue Album [2][„Peace“], auf
       dem die von Fitti gewohnte Mischung aus spaßigen Raps und gemütlichen
       Electro-Beats zu finden ist, wird flankiert von einem, nennen wir es:
       Druck-Erzeugnis.
       
       Dieses trägt den Titel [3][„Aus meinem Auspuff kommt Konfetti“], wird von
       seinem Verfasser MC Fitti in der Einleitung als „Mach-mal-mit-Buch“
       bezeichnet, bedient ein Publikum mit Hang zum Aufmerksamkeitsdefizit,
       glänzt durch ein Layout aus der Farbhölle und klärt den Großteil der weiter
       oben bereits aufgeworfenen Fragen – und einige mehr, die man sich noch
       nicht gestellt hat.
       
       Nicht, dass Fittis literarisches Debüt keinen Mehrwert besäße. So erfährt
       man, wie man selbst einen Mini zum Tourbus befördern kann, warum die
       Country-Band Truck Stop Humor hat, wie man T-Shirts bedruckt und
       Lebensweisheiten wie „Party ist eine Einstellungssache“. Aber auch, ein
       wenig versteckt, das Geheimnis seines Erfolgs: „Einige finden am Fitti-Hype
       ja am unglaublichsten, dass da ein Typ aus dem Handwerk ins Showbiz
       reingerutscht ist. Das sind oft Leute, die große Ehrfurcht vorm Showbiz
       haben und Handwerker für stulle halten. Bei mir ist das umgekehrt. Für mich
       ist die Sozialisation in einer ehrlichen Arbeit die Garantie dafür, dass
       ich den Showbiz-Kram nicht allzu ernst nehme.“
       
       ## „Fünf Minuten länger kacken, fünf Minuten länger Pause“
       
       Dass seine Strategie nicht ganz doof ist, bewies er [4][bei einem
       denkwürdigen Fernsehauftritt]. In der Talkshow von Markus Lanz konterte
       Fitti die peinlichen Ranwanz-Versuche des damaligen Bundesministers Dirk
       Niebel mit penetranter Freundlichkeit. Dann sagte er Sachen wie: „Fünf
       Minuten länger kacken, fünf Minuten länger Pause.“ Dass dem Moderator und
       seinen Gästen angesichts eines klassischen Bauarbeiterspruchs die Kinnladen
       herunterfielen, darauf ist Fitti so stolz, dass er mit dem Zitat sein Buch
       eröffnet.
       
       Fitti lässt sich ein auf das Spiel, aber er hält Abstand, indem er sich
       immer wieder auf seine Vergangenheit als Kulissenbauer und die Geheimcodes
       seiner Clique vom Ostkreuz bezieht. Vor allem verpackt er die Ressentiments
       seines Publikums gegen wahlweise Arbeitgeber, Intellektuelle oder einfach
       die da oben in eine unterhaltsame Form.
       
       Ob er auf dem neuen Album übers gepflegte Faulsein rappt („Schuften ist
       Silber, Nixtun ist Gold / Mehr als Freizeit habe ich nie gewollt“), gute
       Ratschläge verteilt („Macht euch locker, das Leben ist eine Hüpfburg“),
       sich ironisch mit dem Kapitalismus auseinandersetzt („Arbeit macht
       Mega-Bock / Gebt mir noch ’nen Nebenjob / Doppelschicht – Doppel-Bock /
       Gute Laune, Arbeit rockt“) oder die Vorzüge von Smart-Phones diskutiert
       („Gegen mein Galaxy kommt deine Nikon nicht an“), stets spricht er seiner
       Zielgruppe aus dem Herzen. Da wird sogar das Product-Placement vom
       heutzutage anscheinend unverzichtbaren Übel zur Kunstform.
       
       So ist Fitti extrem anschlussfähig geworden: Auf dem neuen Album gibt sich
       Sido als Gast-Rapper die Ehre, Fitti selbst spielt in einem DJ-Ötzi-Video
       mit und geht im Oktober auf Lesereise. Er tritt bei der Teenie-Sendung „The
       Dome“ ebenso auf wie beim Splash-Festival, dem heiligen Gral des deutschen
       HipHop, ist Gast in der Pseudo-Doku-Soap „Berlin – Tag & Nacht“ und
       engagiert sich für eine Alphabetisierungskampagne. Fitti kann alles, darf
       alles. Sogar blöde Fragen beantworten, die man gar nicht gestellt hatte.
       
       30 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=8Rj86RUK88g
   DIR [2] http://www.amazon.de/Peace-Mc-Fitti/dp/B00LCKGE2U/ref=sr_1_3?s=music&ie=UTF8&qid=1412067988&sr=1-3&keywords=mc+fitti+peace
   DIR [3] http://www.droemer-knaur.de/buch/Aus+meinem+Auspuff+kommt+Konfetti.7985485.html
   DIR [4] http://www.youtube.com/watch?v=1e-Gc6kBTfE
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
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