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       # taz.de -- Werder Bremen rauscht in den Tabellenkeller: Die Leiden des SV Werder
       
       > Werder Bremen verliert gegen den VfL Wolfsburg 1:2 und gehört nach sechs
       > Spielen ohne Sieg zu den Kellerkindern der Liga.
       
   IMG Bild: Das war nicht gut: Bremens Assani Lukimya, Cedrick Makiadi, Franco di Santo und Sebastian Prödl nach dem Spiel auf dem Rasen (v.l.).
       
       BREMEN taz | Seine Versuche, den Mangel des SV Werder Bremen in schöne
       Worte zu kleiden, klingen leicht naiv. Im Angriff: „sehr griffig“. Das
       Pressing: „sehr ordentlich“. Die Moral: „wirklich bewundernswert“. „Wir
       haben nie aufgesteckt“, sagte Robin Dutt und klang so optimistisch, als
       habe seine Mannschaft gerade den Weg in die Spitzengruppe der
       Fußball-Bundesliga geschafft. Tatsächlich gehört Werder nach sechs
       Spieltagen ohne Sieg zu den Kellerkindern der Liga. Auch nach der
       1:2(1:1)-Niederlage beim VfL Wolfsburg gilt: In der Hackordnung der stets
       bemühten und am Ende doch erfolglosen Teams nehmen die Bremer derzeit eine
       Spitzenposition ein.
       
       Bei der Aufarbeitung der Misere eines Vereins, der sich einen Sparzwang
       ohne hochkarätige Neuzugänge verordnet hat, werden höchst unterschiedliche
       Töne angeschlagen. Dutt versuchte, aus dem Tor zum zwischenzeitlichen 1:1
       (37. Minute) durch Marnon Busch und die knappe Niederlage ein Höchstmaß an
       Zuversicht zu schöpfen. Er redet ein Team stark, das den Wolfsburger
       Treffern von Ricardo Rodriguez (15.) und Ivica Olic (57.) nur ein
       bescheidenes Aufbäumen entgegengesetzt hatte.
       
       Werder etabliert sich in einer Krisenregion der Bundesliga und sucht
       verzweifelt nach anderen Teams, deren Zustand ähnlich alarmierend ist. „Es
       gibt ein paar Mannschaften auf unserer Augenhöhe“, findet Dutt. Während er
       weiter den Gute-Laune-Onkel gab, klang die Analyse von Thomas Eichin
       deutlich selbstkritischer. „Wir müssen auch mal etwas mitnehmen. Wir müssen
       es mal schaffen, keine Fehler zu machen“, sagte der Geschäftsführer der
       Bremer und sah dabei bitterernst bis böse aus.
       
       Es klingt fast wie Mitleid. Woche für Woche betonen die mit Punkten
       beschenkten Gegner, dass Werder Bremen eigentlich ganz ordentlichen Fußball
       spiele. Doch mit Blick auf die Tabelle stellt sich allmählich die Frage,
       wie viele Konkurrenten das stark verjüngte und damit nur bedingt
       verbesserte Team wirklich hinter sich lassen könnte. Es gibt
       Entwicklungsschritte wie zum Beispiel im Fall von Rechtsverteidiger Busch,
       der seinen ersten Saisontreffer ausgiebig feierte. Aber der 19-Jährige, aus
       dem eigenen Nachwuchs aufgerückt, hatte vor dem 0:1 eben auch einen
       Ballverlust zu verantworten, aus dem ein folgenschwerer Konter entstanden
       war.
       
       29.117 Zuschauer staunten darüber, wie schnell die Wolfsburger Kevin de
       Bruyne als Passgeber und sein Kollege Rodriguez von Abwehr auf Angriff
       umschalten konnten. Auf dem Weg zu seinem Treffer hatte Rodriguez den
       Bremer Rivalen Izet Hajrovic so leichtfüßig abgehängt, als hätte dieser
       eine Bleiweste mit sich herumgeschleppt. In Szenen wie diesen zeigt sich,
       dass es der Mehrheit der Werder-Profis an individueller Klasse fehlt.
       Geschäftsführer Eichin bestreitet das aus guten Gründen. Er möchte keinem
       vor das Schienbein treten, kann aber nicht so penetrant beschönigen wie
       Dutt.
       
       Es bleibt fraglich, ob Werder Bremen nach sechs Spieltagen schon eine Krise
       bescheinigt werden muss oder ob die bisher gezeigten Leistungen vielleicht
       sogar einen realistischen Hinweis auf ein düsteres Szenario geben. Die
       Statistik verrät, dass die Hanseaten den schlechtesten Saisonstart seit 44
       Jahren hingelegt haben. Ihre Hauptdarsteller laufen viel, kämpfen auch,
       bleiben aber vor allem in der Offensive zu harmlos. „Wir haben uns als
       Mannschaft verbessert. Aber die anderen eben auch“, befürchtet
       Geschäftsführer Eichin und verlangt, dass im bevorstehenden Heimspiel gegen
       den SC Freiburg ein Sieg gelingt.
       
       Ein Erfolg sei dringend und zwingend notwendig. Ob eine solche Forderung
       der Mannschaft den Ernst der Lage verdeutlichen soll oder sogar als klarer
       Auftrag an den Trainer verstanden werden muss, bleibt diskutabel. Die
       Spieler sind jedenfalls von der Version ihres Trainers überzeugt, dass sie
       eigentlich gut spielen, während immer andere den Lorbeer einheimsen.
       „Wolfsburgs weiß wahrscheinlich selber nicht, warum sie gewonnen haben“,
       meinte Werder-Kapitän Sebastian Prödl.
       
       29 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Otto
       
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