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       # taz.de -- Die Wahrheit: Pflugorgie mit Stierwichsen
       
       > Nichts interessiert die Iren so sehr wie die Nationalen Meisterschaften
       > im Pflügen. Dafür kommen sie in Massen aus aller Welt nach Ratheniska in
       > der Grafschaft Laois.
       
   IMG Bild: „...suddenly Miss Israel jumped in“. Hier nicht. Miss Lebanon, ganz alleine.
       
       Das wichtigste Ereignis im irischen Bauernkalender sind die Nationalen
       Meisterschaften im Pflügen. Irgendwie scheint in den meisten Iren ein Bauer
       zu stecken. Zu der dreitägigen Pflugorgie kamen vorige Woche 280.000
       Zuschauer nach Ratheniska in der Grafschaft Laois, darunter das irische
       Kabinett, das lediglich einen Minister im Parlament zurückgelassen hatte,
       um die Fragen der Opposition zu beantworten.
       
       Es war das größte Open-Air-Festival in Europa, und es war eine logistische
       Meisterleistung. Aufgrund des miesen öffentlichen Verkehrssystems in Irland
       kamen die meisten mit dem Auto. Die Organisatoren von der „Nationalen
       Pflug-Vereinigung“ hatten 25 Parkplätze mit verschiedenen Farben markiert.
       Wer seinen Wagen trotzdem nicht wiederfand, konnte auf die Hilfe von
       Kleinluftschiffen zählen, die über den Parkplätzen kreisten.
       
       Erstmals wurde das Wettpflügen 1931 zwischen den Grafschaften Wexford und
       Kildare ausgetragen. Im Vordergrund steht zwar heute noch das fröhliche
       Pflügen, bei dem 300 Teilnehmer um den größtmöglichen Einklang zwischen
       Pflug, Pferd und Mann wetteiferten, doch wer nicht furchte, konnte sich
       anderweitig vergnügen, zum Beispiel bei den Wettbewerben im Schafscheren,
       im Spatenstechen und zum ersten Mal seit 23 Jahren wieder im Backen von
       braunem Brot. Es gab Vorführungen von Melkrobotern und vom Stierwichsen,
       bei dem den Zuchttieren der wertvolle Samen per Hand extrahiert wurde. Für
       Laien oder Leute mit kalten Händen nicht zu empfehlen, warnte der
       Veranstalter.
       
       Manche der Stiere sind bis zu 100.000 Euro wert, und der schönste wurde in
       Ratheniska prämiert. Die Eigentümer verbrachten entsprechend viel Zeit
       damit, ihre Tiere für den Schönheitswettbewerb aufzumöbeln. Die Stiere
       wurden frisiert, die Schwanzspitzen toupiert, die Hufnägel lackiert und die
       Körper mit Talkumpuder eingerieben. „Die Viecher sehen aus wie
       Transvestiten“, meinte ausgerechnet ein Mann, der ein rosa Ferkelkostüm
       trug, um Werbung für Schweinefleisch zu machen. „Fehlt nur noch, dass sie
       ihnen Silikoneuter umbinden.“
       
       Die Massenzusammenkunft hübscher Tiere zog auch allerlei dunkles Gesindel
       an – Sodomiten, die versuchten, eine Kuh, die beim Schönheitswettbewerb auf
       dem dritten Platz gelandet war, in einen Kleinlastwagen zu locken. Die
       Polizei hatte alle Hände voll zu tun, und das nutzten andere Gauner aus.
       Als alle die „Rinderliebhaber“ jagten, raubten sie die „Bumbleance“ aus,
       einen Krankenwagen für todkranke Kinder, der mit Fernseher und Videospielen
       ausgerüstet ist, um die Kleinen auf dem Weg ins Krankenhaus abzulenken.
       
       Gott werde sie strafen, meinte der päpstliche Nuntius Charlie Brown – nicht
       zu verwechseln mit dem rundköpfigen Jungen aus den „Peanuts“. Er war aus
       New York angereist und bemerkte voller Neid, welche Massen zu den
       Pflugmeisterschaften gepilgert waren. „Das ist es, warum Irland so
       großartig ist – die ländliche Kultur“, sagte er. „Ich fühle mich wie zu
       Hause.“ Wo in New York wohnt der Mann bloß?
       
       28 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
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