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       # taz.de -- Wasserwerfer in Stuttgart: S21-Ausschuss rechtlich wasserdicht
       
       > Ein CDU-Abgeordneter hält den Untersuchungsausschuss zum
       > Schlossgarteneinsatz für verfassungswidrig. Ein Gutachten widerspricht.
       
   IMG Bild: Die Proteste gehen weiter.
       
       STUTTGART taz |Ist der Untersuchungsausschuss „Schlossgarten II“, der den
       Wasserwerfereinsatz gegen Stuttgart 21-Demonstranten klären soll,
       verfassungswidrig? Wiederholt hatte der Landtagsabgeordnete Reinhard
       Löffler für die CDU Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ausschusses geäußert.
       Um zu klären, ob an Löfflers Bedenken was dran ist, beauftragte die
       Ausschussmehrheit aus SPD und Grünen Pascale Cancik, Professorin für
       Öffentliches Recht, mit einem Gutachten.
       
       Heute stellte Cancik ihr Ergebnis vor. Demnach verstößt der
       Untersuchungsausschuss in keiner der untersuchten Fragestellungen gegen die
       Verfassung.
       
       Löffler ist von Canciks Ergebnissen nicht überzeugt. Zwar nimmt zwar von
       seiner Ankündigung Abstand, vor dem Staatsgerichtshof zu klagen. Er kündigt
       aber an, im Landtag werde „noch was kommen“. Im Gegensatz dazu fühlen sich
       Grüne und SPD bestätigt. Der Grünen-Obmann Uli Sckerl sagt: „Die CDU sollte
       das Ergebnis jetzt akzeptieren. Seit Wochen versucht sie diesen Ausschuss
       zu diskreditieren. Wir wollen zügig weiterarbeiten.“
       
       Der Ausschuss ist der zweite zum sogenannten „Schwarzen Donnerstag“ vor
       vier Jahren. Bei einem Polizeieinsatz mit Wasserwerfern im Stuttgarter
       Schlossgarten wurden mehr als 400 Demonstranten teilweise schwer verletzt.
       Der Ausschuss versucht zu klären, ob dem ersten Ausschuss zu diesem
       Themenkomplex Unterlagen vorenthalten wurden und ob die damalige Regierung
       von CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus Einfluss auf die Polizei genommen
       hat.
       
       ## Geschützter innerer Zirkel
       
       Der rechtliche Streit entzündete sich vor allem an der Absicht,
       E-Mail-Korrespondenz der damaligen Regierung als Beweismittel
       heranzuziehen. Die Mails waren von der Regierung eigentlich gelöscht
       worden, durch ein Backup sind sie aber immer noch verwertbar.
       
       Im Mai hatte Löffler im Gespräch mit der taz erklärt: „Der
       Untersuchungsausschuss möchte, dass Unterlagen aus dem Kernbereich der
       Mappus-Regierung vorgelegt werden.“ Dieser „Kernbereich“ beschreibe aber
       den innersten Zirkel einer Regierung und müsse geschützt werden. „Sonst
       müssten Politiker künftig am Ende ihrer Regierungszeit ein Freudenfeuer
       machen und alles anzünden.“
       
       Die Gutachterin Cancik erklärte nun die juristischen Spitzfindigkeiten des
       Falls. Demnach müsste die Regierung selbst argumentieren, warum sie die
       geforderten Unterlagen nicht herausgeben kann. Nun ist Mappus'
       Regierungszeit aber schon gut drei Jahre vorbei. Niemand kann mehr im Namen
       der damaligen schwarz-gelben Regierung sprechen. Und ohne Begründung ist
       laut der Gutachterin nicht prüfbar, ob eine Zurückhaltung gerechtfertigt
       ist. Es obliege der jetzigen Regierung, im Einzelfall zu prüfen, welche
       Unterlagen sie herausgibt. Der SPD-Obmann Sascha Binder sagt, man werde in
       jedem Fall die Beweisanträge stellen, Inhalte aus den Mailaccounts von
       Mappus und Ex-Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) verwerten zu dürfen.
       
       Der Untersuchungsausschuss befragte heute außerdem einen 58-jährigen
       Polizisten, Leiter des Führungs- und Einsatzstabes beim Polizeipräsidium
       Stuttgart. Er lieferte weitere Hinweise, dass der Schlossgarteneinsatz
       politisch beeinflusst war. Schon zehn Tage vor dem Einsatztag am 30.
       September 2010 habe man in Polizeibesprechungen über den möglichen Inhalt
       der Regierungserklärung Bescheid gewusst, die Mappus Anfang Oktober halten
       wollte.
       
       „Es wäre geschickt gewesen, dort verkünden zu können, dass die
       Baumfällungen fürs Erste beendet sind“, sagte der Zeuge. Auch die Polizei
       habe durch diese Zusammenarbeit mit der Politik auf eine Beruhigung des
       anhaltenden Konflikts mit der Bürgerbewegung im Schlossgarten gehofft.
       
       26 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Müssigmann
       
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