# taz.de -- Kommentar Schalkes Trainer: Lob des Jensemanns
> Trainer Jens Keller ist ein bewundernswerter Verstellungskünstler. Er
> mimt den Schwachen und schlägt dann erbarmungslos zu.
IMG Bild: Ausgefuchst: Jens Keller plant seinen nächsten Coup
Jens Keller, das sei vorangestellt, bevor es gleich ausführlich um den
Übungsleiter des FC Schalke 04 gehen soll, ist: super. Zwar bin ich mir im
Klaren darüber, dass wahrscheinlich außer Frau Keller und K.-P. Boateng von
Korschenbroich bis Wladiwostok nur eine verschwindend geringe Minderheit
meine Auffassung ohne Androhung harter Zwangsmaßnahmen teilen wird. Aber
das soll uns nicht kratzen.
Keller steht ja in dem Ruf, ein schwacher Trainer zu sein. Wir sollten uns
mal ansehen, warum das so ist. Sicher, er sagt Sätze wie: „Das war heute
ein gebrauchter Tag, den wir so nicht gebrauchen konnten.“ Und auch die
Freiheiten, die er K.-P. Boateng lässt, sind ihm als Schwäche ausgelegt
worden.
Keller gilt als Mann, der sich hinter der Mannschaft versteckt. Ich halte
das für Quatsch. Gewiss ist seine Rhetorik manchmal nicht die eleganteste,
auch formuliert er defensiv, wie ein Regierungssprecher unter dem massiven
Einsatz von Tranquilizern. Und wenn er mal offensiv formuliert, dann geht
es schnell daneben: Heute fährt Keller nach Dortmund, das ist nicht
irgendein Spiel für den Jensemann. Das ist „die Mutter aller Derbys“.
Aber gehen wir mal in die Analyse. Dass er sich freut, robuste Kerls wie
den Prinzen in der Mannschaft zu haben, spricht doch eher dafür, dass er
als bockstarker Trainer in der Lage ist, Verantwortung an diejenigen zu
delegieren, die in der Lage sind, diese zu tragen. Und was sein etwas
eigenwilliges Auftreten betrifft, diesen Blick, der von Weitem wie von
Nahem einem Hush Puppie ähnelt und der dem Gegner signalisiert: „Gegen mich
geht immer was!“ Das ist nichts weiter als die Mimikry des erbarmungslosen
Kriegers. Insgeheim ist Keller ein Macho, der seinen Gang an die Spitze
minutiös plant. Er lauert, er kauert, er wartet. Er hat nur wenige
Mitwisser, ja im Grunde ist er die One-Man-Gang der Bundesliga.
Wann immer ihn seine Kritiker sturmreif geschossen wähnen: Keller haut
einen raus. So war das gegen Chelsea. So war das gegen die Bayern. Und so
war das auch gegen den HSV. Jetzt geht es nach Dortmund. Wer die Logik der
Ergebnisse betrachtet, der muss Keller als Favoriten ansehen, als
Strategen, der den Augenblick auf seine Seite zu ziehen weiß.
„Dieser furchtbare Trainer“, sagt die Kollegin am Telefon. Was nach einem
bösen Ressentiment einer Expertin klingt, ist nichts als die blanke
Wahrheit. Keller ist tatsächlich für den Gegner ein furchtbarer
Widersacher. Denn er hat die Täuschung perfektioniert. Wenn er scheinbar
torkelt, ist höchste Vorsicht angezeigt. Denn dann lässt er die Maske
fallen und schlägt unerbittlich zu. Um gleich wieder völlig kalt und
gelassen in den alten Betriebsmodus zu verfallen.
Zweifel? Ach was! Die Zahlen sprechen klar und eindeutig für ihn. Zweimal
hintereinander in der Champions League. Jetzt, da können wir uns sicher
sein, hat er es auf die Bayern abgesehen. Aber erst mal steht ihm der
Dortmunder noch im Weg. Jürgen Klopp sollte aufpassen, denn wer weiß, was
der alte Revolverheld noch so in der Trommel hat. Und jetzt alle: Jeeens
Kellleeeer!
27 Sep 2014
## AUTOREN
DIR Stefan Osterhaus
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