URI: 
       # taz.de -- Evangelischer Pastor über Kopftücher: „Es gibt kein generelles Verbot“
       
       > Norbert Groß verteidigt kirchliche Einrichtungen, die keine bekennenden
       > Muslime beschäftigen möchten. Er kann sich aber Ausnahmen vorstellen.
       
   IMG Bild: „Man sollte nicht auf dem Kopftuch beharren, wenn man den Job behalten möchte.“
       
       taz: Herr Groß, das höchste deutsche Arbeitsgericht hat entschieden, dass
       kirchliche Arbeitgeber das muslimische Kopftuch im Dienst verbieten dürfen.
       Ist das gut so? 
       
       Norbert Groß: Mit dem Urteil wurde nur klargestellt, was implizit schon
       klar war: Kirchliche Einrichtungen unterliegen kirchlichem Recht. Und
       dieses beinhaltet auch bestimmte Loyalitätspflichten. Im Endeffekt wurde
       also geltendes Recht bestätigt. Man hätte sich diesen Prozess auch sparen
       können.
       
       Wo ist denn das Problem, wenn eine bekennende Muslima in einer kirchlichen
       Einrichtung arbeitet? Ist es nicht wichtiger, ob sie ein gutes Verhältnis
       zu den Patienten hat? 
       
       Das mag sein. Aber hängt das davon ab, ob sie ein Kopftuch trägt oder
       nicht? Sie könnte auch darauf verzichten.
       
       Das beantwortet die Frage noch nicht. 
       
       Wenn Sie an einem christlichen Krankenhaus arbeiten wollen, müssen Sie sich
       dessen Corporate Identity anpassen. Das ist ja in der Privatwirtschaft
       genauso: Was nicht zum Image des Unternehmens passt, kann zu Konflikten
       führen. Genauso ist es, wenn Sie in einer kirchlichen Einrichtung ein so
       eindeutiges religiöses Zeichen wie ein Kopftuch geben wollen.
       
       Sehen Sie darin eine Provokation der Klägerin? 
       
       Ich weiß nicht, ob da Grenzen ausgetestet werden sollten. Jedenfalls sollte
       man nicht auf seinem Kopftuch beharren, wenn man seinen Job auf alle Fälle
       behalten möchte. Ich muss von den Mitarbeitenden schon verlangen können,
       dass sie den Kontext ihrer Einrichtung einschätzen können, vor allem, wenn
       sie schon so lange dort tätig waren wie die Frau in diesem Fall.
       
       Finden Sie es auch vertretbar, wenn ein evangelisches Krankenhaus einer
       katholischen Ordensschwester oder einer orthodoxen Jüdin das Tragen
       religiöser Symbole verbietet? 
       
       Da muss man in jedem Einzelfall aufs Neue schauen. Wenn in einem
       evangelischen Krankenhaus eine katholische Ordensschwester arbeiten würde,
       würde das wohl von der Mehrheit als Zeichen der Ökumene gedeutet werden.
       Wichtig ist: Es muss einer gemeinsamen Sache zuträglich sein.
       
       Wäre die Tatsache, dass eine bekennende Muslima an einer christlichen
       Einrichtung wie der Augusta-Klinik in Bochum arbeitet, denn nicht ein
       schönes Zeichen für ein tolerantes Miteinander der verschiedenen
       Religionen? 
       
       Darüber kann man nachdenken. Es darf aber nicht der Eindruck erweckt
       werden, dass eine christliche Einrichtung keinen Wert auf ein erkennbares
       christliches Profil legt. Kirchliche Einrichtungen können nicht darauf
       verzichten, mit Menschen zu arbeiten, die nicht der Kirche angehören. Diese
       tragen dann aber mit dazu bei, einen kirchlichen Auftrag zu erfüllen.
       
       Grundsätzlich halten Sie es aber für möglich, dass eine bekennende Muslima
       mit Kopftuch in einem evangelischen Krankenhaus arbeitet? 
       
       Es gibt da kein generelles Verbot. Entscheiden müssen die jeweiligen
       Einrichtungen. Diese treffen heute und in Zukunft, abhängig von den
       Umständen des Einzelfalls, unterschiedliche Entscheidungen. Fest steht aber
       auch: Sie können solche Dinge nicht erzwingen.
       
       25 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gil Shohat
       
       ## TAGS
       
   DIR Evangelische Kirche
   DIR Kopftuchverbot
   DIR Krankenhäuser
   DIR USA
   DIR Kopftuch
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Islam
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kopftuchverbot bei Abercrombie & Fitch: Job ist keine „glaubensfreie Zone“
       
       Samantha Elauf verklagte den Modehersteller Abercrombie & Fitch. Dieser
       wollte sie wegen ihres Kopftuchs nicht einstellen. Nun liegt der Fall beim
       Supreme Court.
       
   DIR Kopftuchverbot in christlicher Klinik: Ein haariges Urteil
       
       Evangelische Einrichtungen dürfen muslimischen Krankenschwestern verbieten,
       ein Kopftuch zu tragen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht.
       
   DIR Türkei erlaubt Kopftuch an Gymnasien: „So leben, wie es richtig erscheint“
       
       Die Regierungspartei AKP geriert sich als Kämpferin für die Freiheit und
       erlaubt die Kopfbedeckung für Schülerinnen. Lehrer-Gewerkschaften sind
       empört.
       
   DIR Musliminnen in Deutschland: Jenseits des Kalifats
       
       Islam? Seit den archaischen IS-Angriffen im Irak geht es nur um männliche
       Themen. Es ist Zeit, über moderne, junge Musliminnen zu reden.