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       # taz.de -- HipHop-Album von Neonschwarz: Da geht noch was
       
       > Das Debüt „Fliegende Fische“ der Band Neonschwarz ist ein feines Beispiel
       > für „politisch motivierten“ HipHop. Solide Partytracks findet man auch.
       
   IMG Bild: Zeigen, dass gute Laune und antifaschistische Gegenwartspolitik sich nicht ausschließen müssen: Neonschwarz aus Hamburg.
       
       Fans von HipHop in Deutschland können aufatmen. Die Zeiten, da Zeckenrap
       wie ein musikalisch untermaltes Referat im Autonomen Jugendzentrum anmutete
       und danach klang, als hätten die Fantastischen Vier einen Lesekreis
       gegründet, sind vorbei. Sound und Politik haben in unterschiedlichen
       Varianten und Schnittmengen zusammengefunden. Vor allem dank der
       unaufhörlichen Talentförderung des umtriebigen Hamburger Labels Audiolith
       ist inzwischen eine „politisch motivierte“ Form von HipHop mit deutschen
       Texten entstanden, die sich hören lassen kann.
       
       Ein Beispiel hierfür ist die Hamburger Band Neonschwarz, das Projekt von
       Marie Curry, Johnny Mauser, Captain Gips und DJ Spion Y, in dieser
       Besetzung seit 2012 aktiv. Mit „Fliegende Fische“ erscheint nun ihr
       Debütalbum, das Songs mit politischen Themen gleichberechtigt neben
       Partytracks stellt. Neonschwarz zeigen, gute Laune und antifaschistische
       Gegenwartspolitik müssen sich nicht ausschließen.
       
       Im Song „2014“ geht es um rechte Stimmungsmache gegen die Flüchtlingsheime
       in Hellersdorf und Schneeberg. Die Band thematisiert rassistische Hetze und
       erinnert an Dunkeldeutschland in den dumpfen neunziger Jahren, siehe
       Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen: „Guck hin und verfolg die
       Vervielfachung / Erschreckender Erfolg rassistischer Mobilmachung“. Es ist
       die deutlichste Ansage auf „Fliegende Fische“, aber darin erschöpfen sich
       die Themen des Albums keineswegs.
       
       In „Unser Haus“ blicken Neonschwarz selbstkritisch auf ihre eigene prekäre
       Existenz: „Was kann ich dafür, dass es so ist, wie es ist / Kann nur
       versuchen, dass es morgen nicht mehr so ist, wie es ist.“ In dem Song
       „Scheinriese“ verhandeln sie Angst und Resignation, aber geben diesem
       Gefühl der Aussichtslosigkeit mit der musikalischen Stimmung ein
       Gegengewicht.
       
       Überhaupt klingen sie sehr optimistisch: Im titelgebenden „Fliegende
       Fische“ heißt es etwa: „Zwischen den Flügeln ist massig Platz zum
       Weiterspinnen / Alle Kiemen voll Utopien / wir suchen weiterhin“. So
       gelingt es Neonschwarz, eine Balance zu finden zwischen Aufbruchstimmung
       und Laid-Back, zwischen Genuss und Reflexion.
       
       Der Sound dazu klingt wie aus einem Guss. Was an den durchgehend liebevoll
       gestalteten Beats von DJ Spion Y liegt, aber auch maßgeblich an den
       markanten, meist von Marie Curry getragenen gerappten und gesungenen Hooks.
       Für Liebhaber von Hamburger HipHop älterer Bauart finden sich zudem Samples
       und textliche Referenzen an Absolute Beginner, Ferris MC oder Dendemann.
       
       Ob sich Neonschwarz schon mit solchen Größen messen sollten, sei
       dahingestellt. Nichtsdestotrotz ist „Fliegende Fische“ ein Debütalbum, das
       aufhorchen lässt. Denn mögen die darin angesprochenen Verhältnisse nun
       wirklich so schlecht sein, deshalb muss es doch HipHop noch lange nicht
       sein. Neonschwarz zeigen mit „Fliegende Fische“, dass da noch was geht.
       
       25 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Lichter
       
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