# taz.de -- Ebola-Tagebuch – Folge 11: Ebola ist weiblich. Oder?
> Die Annahme, die tödliche Seuche treffe meist Frauen und Mädchen, ist
> verbreitet und verweist auf reale Probleme. Aber die Fakten sind diffus.
IMG Bild: Medizinisches Personal begleitet eine liberianische Frau in Monrovia mit Verdacht auf eine Ebola-Infektion ins Krankenhaus
BERLIN taz | Es ist eine von diesen Statistiken, deren Ursprung niemand
kennt, die aber jeder zitiert: Die meisten Ebola-Opfer in Westafrika sind
weiblich. Seit US-Medien im August aus Liberia berichteten, der
Frauenanteil unter den Toten liege bei 75 Prozent, gilt es als erwiesen.
Niemand hat dafür je präzise Zahlen vorgelegt, denn keine offizielle Stelle
veröffentlicht nach Geschlecht aufgeschlüsselte Ebola-Statistiken – außer
Guineas Gesundheitsministerium, das am 7. September erklärte, 54 Prozent
der Ebola-Toten seien weiblich. UN-Organisationen sprechen von 55 bis 60
Prozent weiblichen Ebola-Toten.
Die 75-Prozent-Zahl wurde angeblich zuerst im Juli bei einem Treffen der
Ebola-Taskfore der liberianischen Regierung genannt: Damals hätten dies
Gesundheitsteams berichtet, sagte Liberias Genderministerin Julia
Duncan-Cassell gegenüber US-Medien, die danach fragten. Zuerst
veröffentlicht wurde die Zahl Mitte August in der [1][US-Internetzeitung]
[2][Buzzfeed]. Ihre Quelle war Tolbert Nyenswah, Liberias umtriebiger
Vizegesundheitsminister und Aushängeschild der Ebola-Bekämpfung in Liberia.
Zur Erklärung sagte er: „In diesem Land sind Männer Scheiße.“
Von Frauenseite ist die Analyse differenzierter. Die Washington Post
zitierte Liberias Genderministerin mit den Worten: „Frauen sind die
Kümmerer. Wenn ein Kind krank wird, heißt es: Geh zu deiner Mama. Die
Marktfrauen gehen nach Guinea und Sierra Leone auf die Wochenmärkte. Wenn
es einen Todesfall in der Familie gibt, bereitet eine Frau die Beerdigung
vor, meistens eine Tante.“ Aus Sierra Leone berichtete Suafiatu Tunis,
Anführerin einer Anti-Ebola-Initiative: „In Kliniken sind Frauen meistens
Pfleger und Putzkräfte und erhalten nicht die gleiche Unterstützung und den
gleichen Schutz wie Ärzte, die meistens Männer sind.“
Am Montag vergangener Woche appellierte die Menschenrechtsorganisation
Human Rights Watch an die Regierungen, „die besondere Verwundbarkeit der
Frauen“ zu berücksichtigen. Amnesty International zog diese Woche nach.
Beide Organisationen verweisen auch auf Angaben der WHO, wonach die
Inkubationszeit für Ebola zwar 21 Tage betrage – ein infizierter Mann aber
das Virus sieben Wochen lang durch Geschlechtsverkehr übertrage.
Inzwischen hat der Liberianer Tolbert Nyenswah seine Meinung geändert. 70
Prozent der Ebola-Infizierten seien männlich, zitierten Liberias
Tageszeitungen den Vizegesundheitsminister am Dienstag. Dies habe eine
landesweite Erhebung in den letzten drei Augustwochen ergeben. Die Blätter
sprechen von einer „plötzlichen Wende“.
24 Sep 2014
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DIR Dominic Johnson
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