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       # taz.de -- Kommentar Italiens Arbeitsmarktpolitik: Renzis Agenda 2014
       
       > Ministerpräsident Matteo Renzi will nicht nur den Kündigungsschutz
       > aufweichen. Er will seine Partei in die politische Mitte führen.
       
   IMG Bild: Protest der Gewerkschaften gegen Arbeitsmarkt- und Rentenreformen in Rom
       
       Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi zieht in eine Schlacht, die er
       eigentlich nur gewinnen kann. Im frontalen Zusammenstoß mit den
       Gewerkschaften will er den Kündigungsschutz weiter aufweichen – und ihnen
       zugleich demonstrieren, dass er sie nicht braucht. Die drei Bünde CGIL,
       CISL und UIL genießen gerade einmal bei 20 Prozent der Bevölkerung ein
       positives Image. Bei den anderen 80 fallen Renzis Anklagen, die
       Arbeitnehmerorganisationen seien konservative Besitzstandswahrer, die sich
       um das Millionenheer der Prekären nicht scherten, auf fruchtbaren Boden.
       
       Die Gewerkschaften müssen sich vorhalten lassen, sie hätten sich
       eingeigelt. Doch die tiefe Spaltung des Arbeitsmarktes haben nicht sie
       geschaffen, sondern die Politik: Regierungen von links wie rechts erfanden
       immer neue prekäre Arbeitsverhältnisse – und taten nichts für die Schaffung
       auch nur minimaler Absicherungsmechanismen für diese Personen.
       
       Dennoch macht Renzi jetzt die Bünde zum alleinigen Sündenbock. Seine
       unausgesprochene Hoffnung: Nicht bloß Italiens Unternehmer, sondern auch
       der IWF, vor allem aber die EU werden zur Kenntnis nehmen, dass da einer
       „endlich alte Zöpfe abschneidet“ – und im Gegenzug Italien womöglich die in
       der Krise dringend benötigte größere Flexibilität bei der Neuverschuldung
       zubilligen.
       
       Doch Renzis Kalkül reicht womöglich weiter. Schon bei den Europawahlen
       holte er über 40 Prozent, weil er Wähler aus der Mitte ebenso wie von der
       Berlusconi-Rechten zu sich herüberziehen konnte. Bei ihnen, so scheint es,
       will der forsche Jungpolitiker weiter wildern – und seine gemäßigt linke
       Partito Democratico von links in die politische Mitte führen. Von dort aus
       wurde Italien über 40 Jahre lang regiert – von der alten Democrazia
       Cristiana. Gut möglich, dass Renzi eben dorthin will.
       
       24 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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