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       # taz.de -- 234.-252. Tag FDLR-Kriegsverbrecherprozess: Der Bundesrichter erinnert sich
       
       > Vor der Sommerpause 2014 werden frühere Zeugenaussagen überprüft. Und der
       > Richter, der die Angeklagten 2009 als Erster vernahm, sagt aus.
       
   IMG Bild: Wer bei der FDLR am Ball ist, lässt sich nicht immer zweifelsfrei feststellen.
       
       BERLIN taz | Von Ende Mai bis zur Sommerpause Mitte August sind im Prozess
       gegen FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und seinen 1. Vizepräsidenten
       Straton Musoni vor dem Oberlandesgericht fast ausschließlich Vernehmungen
       bereits früher geladener ruandischer Zeugen fortgesetzt worden: ehemalige
       FDLR-Kämpfer, die heute in Ruanda leben. Es ging fast ausschließlich darum,
       dass die Verteidigung - beziehungsweise Murwanashyaka persönlich - die
       früher getätigten Aussagen noch einmal unter die Lupe nahm.
       
       Breiten Raum nahmen dabei immer wieder, neben den persönlichen Erlebnissen
       der Exkämpfer, die Statuten der FDLR und vor allem ihres militärischen
       Flügels FOCA (Forces Combattantes Abacunguzi) ein, die Aufschluss über das
       Verhältnis zwischen politischem und militärischem Flügel geben sollen. Die
       internen Kommunikations- und Disziplinarregeln waren ebenfalls häufig
       Thema, auch die mutmaßlichen Plünderungen, die FDLR-Soldaten an der
       kongolesischen Zivilbevölkerung begangen haben sollen, zum Beispiel der
       Diebstahl von Kühen, um diese weiterzuverkaufen.
       
       Eine Abtrennung des Prozesses gegen Musoni von dem laufenden Prozess, wie
       sie dessen Verteidigung beantragt hat, wurde vom Senat zurückgewiesen.
       Deutlich bei diesen Verhandlungstagen im Sommer wurde insgesamt ein
       zunehmend gereiztes Klima zwischen den Parteien.
       
       Am 11. August, dem vorletzten Verhandlungstag vor der Sommerpause, trat Dr.
       Jürgen-Peter Graf, Richter am Bundesgerichtshof, in den Zeugenstand. Er
       hatte die beiden Angeklagten nach ihrer Verhaftung im November 2009
       vernommen und sollte dazu aussagen. „Beide haben nichts zur Sache gesagt“,
       erinnerte er sich, aber sie hätten ihre Lebensläufe geschildert, ihren Weg
       nach Deutschland, Murwanashyakas Besuche im Kongo und die Gründung der
       FDLR.
       
       Der FDLR-Präsident habe auch bestätigt, dass er bei Besuchen bei seiner
       Truppe im Kongo mit einer Truppenparade empfangen worden sei, wie sie sonst
       nur Staatschfs bekommen. Sein Einfluss auf militärische Angelegenheiten und
       den militärischen Flügel FOCA sei aber gering gewesen - er habe gegen die
       FOCA-Chefs keine disziplinarischen Maßnmahmen treffen können und die Truppe
       nicht direkt ansprechen oder anschreiben dürfen. Musoni habe jede
       Verantwortung für militärische Angelegenheiten bestritten: „Er schob jede
       Verantwortung auf Ignace Murwanashyaka“.
       
       Dolmetscher brauchten die beiden bei ihrer Vernehmung vom 17. November 2009
       nicht, weil sie beide sehr gut Deutsch sprechen. „Entscheidungsrelevant“,
       fasste der Richter zusammen, „war, ob Murwanashyaka und Musoni
       militärischen Einfluss hatten und wie sie mit wem kommunizierten“.
       
       In der Haftprüfung vom April 2010, als der Bundesgerichtshof die
       Haftfortdauer beschloss, wurde festgehalten: „Murwanashyaka machte nicht
       glaubhaft, dass er als Präsident nicht auf militärische Verantwortung
       hatte.“ Der Richter führt aus: „Er hat viel gesagt. Am Ende war es nicht
       überzeugend." 
       
       Mitarbeit: Bianca Schmolze
       
       22 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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