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       # taz.de -- Modellprojekt in Kiel: Stadt ohne Plastiktüten
       
       > Kiel soll plastiktütenfrei werden. Das hat der Stadtrat beschlossen. Ein
       > runder Tisch berät über die Umsetzung.
       
   IMG Bild: Eine Krähe bedient sich aus unserem Plastikmüll.
       
       BERLIN taz | Sie besteht zumeist aus Rohöl. Sie wird gedankenlos
       mitgenommen, da sie in vielen Läden umsonst ist. Sie wird für ein paar
       Minuten benutzt, während der Verfall bis zu 500 Jahre benötigt: Die
       Plastiktüte steht wie kaum ein anderes Produkt für die moderne
       Wegwerfgesellschaft.
       
       Nun entschied die Kieler Ratsversammlung, dass die Stadt plastiktütenfrei
       werden soll. Ein entsprechender Antrag wurde am Donnerstagabend von SPD,
       Grünen und SSW (Südschleswigscher Wählerverband) einstimmig beschlossen.
       Ziel eines runden Tisches soll es jetzt sein, die Möglichkeiten eines
       freiwilligen Verzichts auf Plastiktüten und -verpackungen zu erörtern,
       heißt es im Antrag.
       
       Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
       zufolge landen jährlich bis zu 7,5 Millionen Tonnen Plastikmüll in den
       Meeren, nur ein Bruchteil werde recycelt. Viele Tiere fressen diesen
       Plastikmüll, der dann in den Nahrungsmittelkreislauf des Menschen gelangt.
       In Deutschland gibt es noch keine gesetzlichen Beschränkungen, obwohl dem
       Bundesumweltministerium zufolge jährlich insgesamt über sechs Milliarden
       Plastiktüten verbraucht werden, in jeder Minute 10.000.
       
       Ratsmitglied Martina Baum von den Grünen ist es vor allem wichtig, die
       Menschen dazu zu bringen, ihr Konsumverhalten zu hinterfragen: „In
       Kaufhäusern, Apotheken oder bei Einzelhändlern muss man sich regelrecht
       wehren, damit man keine Plastiktüte bekommt. Hier müssen wir ansetzen und
       die Leute dazu bringen, weniger Tüten zu nutzen.“ Die meisten Tüten würden
       verbraucht, obwohl sie viele Menschen gar nicht wirklich benötigen. Die
       Nähe Kiels zur Ostsee sei für Baum ein weiterer wichtiger Aspekt: „Wir
       haben das Meer direkt vor unserer Haustür und sehen die Konsequenzen
       unseres Handelns am Strand in unmittelbarer Nähe. Wir müssen Verantwortung
       übernehmen.“
       
       ## Jute oder Baumwolle
       
       Doch Plastiktüte ist nicht gleich Plastiktüte. Neben dünnwandigen, leicht
       zerreißbaren Einwegtüten aus fossilem Rohöl gibt es stabilere Mehrweg-Tüten
       aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zuckerrohr. Biologisch abbaubare, sich
       mit der Zeit auflösende Tüten sind für die Umwelt weniger gefährlich. Eine
       weitere Alternative wären Tragetaschen aus Jute, Baumwolle oder
       Kunststofffasern.
       
       Länder wie Indien oder China haben Plastiktüten bereits komplett verboten.
       Auch in Italien sind seit 2011 nur noch Tüten aus biologisch abbaubarem
       Material erlaubt. Vorher lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 300 pro Jahr. Baum
       hält ein Verbot für den falschen Weg, würde er doch den Widerstand in der
       Bevölkerung hervorrufen: „Wir müssen die Verbraucher davon überzeugen, dass
       Plastiktüten nicht immer notwendig sind. Sensibilisierung und
       Selbsteinsicht sind uns wichtiger als ein Verbot“, betont Baum. Mit
       Infoständen und Aktionstagen soll das Verständnis gefördert werden, das den
       Willen zur Umsetzung formen soll. Auch die Problematik der weltweiten
       Verschmutzung durch Plastik soll so vergegenwärtigt werden.
       
       Martina Baum verwendet in einem Selbstversuch seit mehreren Tage keine
       Plastikverpackungen mehr. „Das klingt einfacher als es ist. Kunststoff
       scheint wirklich in nahezu jedem Produkt vorhanden zu sein. In Bier ist die
       Kronkorkendichtung aus Plastik, ebenso der Korken von vielen Weinflaschen.
       Komplett auf Plastik zu verzichten ist heutzutage anscheinend unmöglich.“
       
       20 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Denis Giessler
       
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