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       # taz.de -- Neue Asylregeln für Balkanländer: Grüne erleichtern Abschiebungen
       
       > Der Bundesrat hat der Asylrechtsreform zugestimmt. Das grün-rot-regierte
       > Baden-Württemberg trug den Kompromiss mit. Die Grünen sind gespalten.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge vom Balkan können künftig schneller in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden: Asylunterkunft in München
       
       BERLIN taz/afp/dpa | Der Bundesrat hat am Freitag der Änderung des
       Asylrechts zugestimmt. Umstritten war bis zuletzt vor allem die Erweiterung
       der Liste der so genannten sicheren Herkunftsländer um drei Staaten des
       westlichen Balkans. Möglich wurde die Zustimmung durch das Ja auch des
       grün-rot-regierten Baden-Württembergs, nachdem die Bundesregierung
       Erleichterungen in anderen Bereichen des Asylrechts zugesichert hatte,
       besonders bei der sogenannten Residenzpflicht und der Möglichkeit der
       Arbeitsaufnahme.
       
       Nach Informationen der taz war im Parteirat der Grünen bis spät in den
       Abend „lautstark“ gestritten worden. Baden-Württembergs Ministerpräsident
       Winfried Kretschmann soll der grünen Verhandlungsführung mit der
       Bundesregierung mit seiner Position in den Rücken gefallen sein, hieß es
       aus Parteikreisen.
       
       Auf Bundesebene hatten Vorstand und Parteirat der Grünen den Asylkompromiss
       am Donnerstagabend noch zurückgewiesen. In einem [1][Beschluss] heißt es:
       „Eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten löst keines der Probleme der
       deutschen Flüchtlingspolitik.“ Und weiter: „Es ist zynisch, wenn Union und
       SPD die Asylsuchenden aus dem westlichen Balkan für die Situation in den
       Kommunen verantwortlich machen.“ Der Beschluss sei einstimmig gefallen,
       twitterte Parteichefin Simone Peter am Abend.
       
       Der Beschluss gesteht den Ländern allerdings eine abweichende Meinung zu.
       Es heißt: „Unabhängig von dieser Position respektieren wir, wenn
       grün-mitregierte Länder in ihren Kabinetten zu einer anderen Abwägung
       kommen sollten.“
       
       ## Den Worten folgen andere Taten
       
       Baden-Württemberg habe sich mit der Entscheidung nicht leicht getan. „Wir
       sind aber der Meinung, dass wir aufgrund der tatsächlich erreichten
       Verbesserungen für die Lage der Flüchtlinge einen Kompromiss mittragen
       können“, hieß es.
       
       Bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung seien substanzielle
       Verbesserungen für die Situation der Flüchtlinge rausgeholt worden,
       verlautete aus Parteikreisen. So werde die Residenzpflicht für Flüchtlinge
       abgeschafft. Asylbewerber sind dann nicht mehr gezwungen, sich an einem
       bestimmten Ort aufzuhalten. Auch könnten Flüchtlinge künftig einfacher und
       schneller Arbeit aufnehmen.
       
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte seine Entscheidung am
       Freitag in einem sechsseitigen [2][Schreiben]. Darin heißt es: „Wir wissen
       um die Diskriminierung und Ausgrenzung von Roma in den Staaten des
       westlichen Balkans. Wir wissen um die Drangsalierungen, denen homosexuellen
       Menschen dort ausgesetzt sind.“ Eine „relevante Entlastung der
       Aufnahmestellen und der Kommunen“ durch die erleichterte Abschiebung in die
       Balkanstaaten „muss bezweifelt werden“. Dass er dem Kompromiss dennoch
       zustimme, begründete Kretschmann mit der Zusage der Bundesregierung, die
       Lage für Flüchtlinge zu verbessern. Dafür hätten die Grünen „teilweise seit
       Jahren“ gekämpft.
       
       Gegen diese Aufweichung des Asylrechts hatten sich prominente Grüne beider
       Parteiflügel öffentlich positioniert. Der ehemalige Fraktionschef im
       Bundestag, Jürgen Trittin, warnte im taz-Interview: „Es darf keinen
       Kompromiss geben, der den Gemeinden nicht die Erleichterung bringt, die sie
       eigentlich brauchen, und der eine nicht akzeptable Menschenrechtssituation
       für nicht existent erklärt.“
       
       Auch die aktuelle Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mahnte, es dürfte
       keinen „Deal“ auf Kosten des Asylrechts geben: „Mit dem Konzept der
       sicheren Herkunftsländer erweckt die Bundesregierung bewusst den falschen
       Eindruck, sie könnte die Zuwanderung aus dem Westbalkan stoppen und
       Engpässe bei der Unterbringung in den Ländern und Kommunen auflösen.“ Nun
       stehen weite Teile der Partei düpiert da.
       
       Dieser Artikel wurde aktualisiert um 12.04 Uhr.
       
       19 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Beschluesse/20140918_Beschluss_Bundesvorstand_und_Parteirat.pdf
   DIR [2] http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Brief_Kretschmann.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Astrid Geisler
       
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