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       # taz.de -- Bericht zu Gefängnissen in Nigeria: Systematische Folter
       
       > Amnesty International wirft nigerianischen Sicherheitskräften schwere
       > Misshandlungen vor. Im Kampf gegen Boko Haram seien die Methoden
       > verheerend.
       
   IMG Bild: Amnesty beklagt nicht zum ersten Mal die brutalen Methoden der überall präsenten nigerianischen Sicherheitskräfte.
       
       BERLIN afp | Sie ziehen Fußnägel und Zähne, sie vergewaltigen, schlagen und
       schießen: Nigerianische Polizisten foltern systematisch, und auch in der
       Armee des westafrikanischen Staates gehört Folter laut Amnesty
       International (AI) zu Routine. Die Ergebnisse ihrer zehnjährigen Recherchen
       hat die Menschenrechtsorganisation in einem Bericht mit dem Titel
       „Willkommen im Höllenfeuer“ zusammengefasst, der am Donnerstag in Abuja und
       Berlin vorgestellt wurde. Amnesty sprach mit hunderten Betroffenen und
       inspizierte zahlreiche Polizeiwachen und Gefängnisse in Nigeria.
       
       „Frauen, Männer und Kinder, teilweise zwölf Jahre jung, werden im ganzen
       Land von den Behörden, die sie eigentlich schützen sollen, gefoltert“,
       sagte Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in
       Deutschland. „Wir kennen viele Folterschilderungen, aber das Ausmaß und die
       Form der Misshandlungen, die wir in dem Bericht zusammengetragen haben, ist
       auch für uns besonders schockierend.“
       
       So schilderte eine 24-Jährige, wie ihr eine Polizistin Tränengas in die
       Vagina schoss, um ein Geständnis zu erpressen. Ein 15-Jähriger berichtete,
       er sei drei Wochen lang vom Militär festgehalten worden. Die Soldaten
       hätten ihn mit Gewehrkolben und Macheten geschlagen und ihm geschmolzenes
       Plastik über den Rücken gegossen. Er wurde gezwungen, sich in Scherben zu
       wälzen und außergerichtliche Hinrichtungen von Mitgefangenen anzusehen.
       
       Das Ziehen von Nägeln und Zähnen, Würgen, Elektroschocks und sexualisierte
       Gewalt seien zu einem „festen Bestandteil der nigerianischen Polizeiarbeit“
       geworden, schreiben die AI-Experten. Viele Polizeiwachen hätten
       inoffizielle „Folterbeauftragte“ und „Folterkammern“. Und vor allem in den
       Militäreinrichtungen im Nordosten des Landes seien die Gefangenen in
       Gefahr, in Gewahrsam zu verhungern oder an nicht behandelten Krankheiten
       oder Wunden zu sterben.
       
       ## Verheerende Reaktionen
       
       Im Nordosten Nigerias kämpft die Extremistengruppe Boko Haram seit fünf
       Jahren gewaltsam für die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates. Die
       Reaktion der Sicherheitskräfte darauf sei verheerend, konstatiert der
       AI-Bericht. Auf der Suche nach Mitgliedern oder Unterstützern der Gruppe
       hätten die Soldaten hunderte Menschen verhaftet. Die Verdächtigen würden
       dann einem „Screening“ unterzogen, „das einem Hexenprozess aus dem
       Mittelalter gleicht“, sagte Caliskan. „Die Zahl der Folterfälle ist mit dem
       Kampf gegen Boko Haram angestiegen, aber gefoltert werden nicht nur
       mutmaßliche Mitglieder. Folter kann in Nigeria jeden und jede treffen.“
       
       In den meisten Fällen, die Amnesty International dokumentiert hat,
       ermittelten die Behörden den Angaben zufolge nicht ernsthaft gegen die
       mutmaßlichen Folterer und nichts wurde unternommen, um sie vor Gericht zu
       bringen. Tatsächlich gebe es kein Gesetz, das Folter unter Strafe stelle.
       Verschlimmert werde die Lage der Betroffenen, indem ein Großteil der
       Gefangenen in Isolationshaft gehalten werde – ohne Kontakt zur Außenwelt,
       zu Anwälten, Gerichten oder der Familie. „Nicht in einem von Hunderten
       untersuchten Fällen wurde ein Überlebender von Folter entschädigt und
       rehabilitiert“, heißt es im Bericht.
       
       18 Sep 2014
       
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