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       # taz.de -- Orale Energiequelle fürs Gehör: Mundbetriebene Ohren
       
       > HÄÄ? Dank kanadischer WissenschaftlerInnen können wir unsere Hörgeräte
       > bald per Kaugummi statt per Batterie mit Energie versorgen.
       
   IMG Bild: Könnte bald in der Nähe von Seniorenheimen ein Revival erleben: der Kaugummiautomat.
       
       Nur ein paar Jahrhunderte ist es her, da krochen unsere Vorfahren als Jäger
       und Sammler durchs Gestrüpp und waren mit schlechtem Gehör ziemlich
       aufgeschmissen – fanden nichts zu essen oder wurden sogar selbst verspeist.
       Im 18. Jahrhundert hielt sich dann Ludwig van Beethoven ein Hörrohr ans Ohr
       – und wurde ein weltberühmter Komponist. Das trichterförmige Rohr sammelte
       Schallwellen und leitete sie in den Gehörgang. Immerhin 30 Dezibel lauter
       hörte man damit, bloß musste man das Ding eben zur Hand haben.
       
       Und dann: das HÖRGERÄT! Batteriebetrieben, leicht handhabbar, klein,
       unauffällig und immer im Ohr. Lange verstummte Gespräche wurden dank des
       Hörgeräts am Esszimmertisch wieder aufgenommen. Der Familiensegen wurde per
       Gespräch in Zimmerlautstärke wieder geradegerückt. Obwohl, war’s nicht doch
       entspannter, als so manches überhört wurde? Egal. Irgendwann piepte das
       Ding ja und die Batterie war leer.
       
       Nun aber haben kanadische WissenschaftlerInnen eine Hörhilfe entwickelt,
       die durch einen Kaugummi betrieben wird. Genauer: ein Kinnriemen aus
       „intelligentem“ Material wird durch die Kaubewegung gespannt und erzeugt so
       Energie, die in Elektrizität umgewandelt wird und das Hörgerät versorgt.
       Die EntwicklerInnen sind zuversichtlich, dass so bald Batterien ersetzt
       werden können.
       
       Die ersten NutzerInnen dürften in der Mehrheit ausgerechnet aus jener
       Generation stammen, welche die ErfinderInnen in ihrer Schulzeit getriezt
       hatten: „Kaugummi raus!“, „Willst du aussehen wie eine Kuh beim
       Wiederkäuen!“, „Pass auf, du hängst dir das Gebiss aus!“ Und womit zahlen
       jene Kaugummi-VerächterInnen nun den Fortschritt? Genau. Mit dem
       Kaugummikauen.
       
       17 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sonja Vogel
       
       ## TAGS
       
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