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       # taz.de -- Britta Ernst tritt in Schleswig-Holstein an: Neue Ministerin, alter Kurs
       
       > Die Hamburger Bildungsexpertin Britta Ernst (SPD) kümmert sich künftig um
       > Schulpolitik in Schleswig-Holstein. Der Bereich Wissenschaft fällt nun
       > ans Sozialressort.
       
   IMG Bild: Noch ist ihr Torsten Albigs Vorname nicht geläufig, aber das ist nur eine Frage der Zeit: Britta Ernst, die neue Bildungsministerin Schleswig-Holsteins, auf dem Weg ins Amt
       
       KIEL taz | Am Dienstagmorgen ein Fototermin, danach ein Besuch am künftigen
       Arbeitsplatz, bevor Vorstellungsrunden im Landtag anstanden: Britta Ernst
       musste an ihrem ersten Tag im neuen Amt auf verschiedenen Bühnen vortanzen
       und beweisen, dass sie die richtige Wahl als Bildungsministerin für
       Schleswig-Holstein ist. Nur ein kleiner Fehler trübte die Premiere: Die
       53-Jährige hatte den Vornamen des Ministerpräsidenten Torsten Albig nicht
       parat, ansonsten klappte alles bestens.
       
       Denn schließlich ist die Bildungsexpertin – anders als ihre Vorgängerin
       Waltraud Wende – keine Seiteneinsteigerin, sondern bringt langjährige
       Erfahrung aus der Hamburger Bürgerschaft mit. Sie übernimmt ein
       umgestaltetes Bildungsressort: Der Bereich Wissenschaft wird künftig vom
       Sozial- und Gesundheitsministerium betreut.
       
       Fünf Minuten Nachdenken reichten für die Zusage: „Ich entscheide so
       schnell“, sagte die neue Ministerin auf die Frage, ob sie vorgewarnt
       gewesen sei, dass im Kabinett ein Wechsel anstand. Ministerpräsident Albig
       erklärte, er habe nicht zu lange an Waltraud Wende, gegen die die
       Staatsanwaltschaft ermittelt, festgehalten.
       
       Etwas unklar blieb, wie Wendes Abgang aus dem Amt genau vonstatten ging. Am
       Freitag habe es ein Gespräch gegeben, „an dessen Ende feststand, dass Frau
       Wende ihren Rücktritt erklärt“, schilderte Albig. Auf Nachfragen erklärte
       er, die Ministerin habe „autonom entschieden, sich als private Person mit
       den Vorwürfen zu beschäftigen“.
       
       Britta Ernst will inhaltlich Wendes Kurs in der Schulpolitik fortsetzen.
       Nachdem ein Lehrerbildungsgesetz – das zu Streit zwischen den Unis Kiel und
       Flensburg geführt hatte – beschlossen worden ist, steht nun als großes
       Thema die Inklusion von Kindern mit Behinderung an. Dazu hatte Wende ein
       Konzept vorgelegt, das auf Kritik gestoßen war. Ernst lobte das Papier
       grundsätzlich: „Es lässt alle Möglichkeiten offen.“ Weiterhin will sie die
       Unterrichtsversorgung verbessern. Wichtig ist ihr das Thema berufliche
       Bildung, das bisher beim Wirtschaftsministerium angesiedelt war.
       
       Die Sozialdemokratin war bereits 2009 Mitglied des Schattenkabinetts von
       Ralf Stegner und hatte seither nach eigenem Bekunden „tolle, solidarische
       Kontakte“ im Land. Dazu zählt der SPD-Landes- und Fraktionschef Stegner
       selbst, der sie als „ausgezeichnete Wahl“ lobte.
       
       Auch die Koalitionspartner äußerten sich zufrieden. So sieht die grüne
       Landtagsabgeordnete Ines Strehlau die berufliche Bildung durch die
       Umgestaltung aufgewertet: „Das Thema wird angesichts des Fachkräftemangels
       immer wichtiger. Hamburg hat bereits Erfahrung mit einem Institut für
       berufliche Bildung, wie wir es auch für Schleswig-Holstein fordern.“ Auch
       bei Verhandlungen zum Gastschulabkommen – die schwierig sind, weil mehr
       Kinder aus Schleswig-Holstein nach Hamburg pendeln als umgekehrt – könnten
       die Beziehungen und Kenntnisse der neuen Ministerin hilfreich sein, hofft
       Strehlau.
       
       Die Ressorts mussten neu zugeschnitten werden, weil die Regierung sonst
       gegen ihren soeben beschlossenen „Corporate Governance Kodex“ verstoßen
       hätte. Er verbietet persönliche Beziehungen zwischen Aufsichtsbehörden und
       unterstellten Unternehmen. So eine Beziehung besteht bei Britta Ernst: Jens
       Scholz, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein,
       ist der Bruder ihres Ehemanns, des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz.
       
       Es sei „alternativlos“, das Wissenschaftsressort, zu dem die Uni-Klinik
       gehört, aus dem Bereich des Bildungsministeriums herauszulösen, sagte
       Albig. Staatssekretär Rolf Fischer wechselt damit ins
       Gesundheitsministerium, für die Beschäftigten ändert sich wenig: Ihre Büros
       befinden sich bei der Staatskanzlei und werden dort bleiben. Der
       Landtagsabgeordnete Daniel Günther (CDU) kritisierte, dass das Ressort zum
       Gesundheits- statt zum Wirtschaftsministerium wandere: Das sei ein „Stück
       aus dem Tollhaus“.
       
       Britta Ernst will sich nun in die Themen einarbeiten und das Land
       kennenlernen. Um tägliche Pendeltouren zu vermeiden, wird sie eine Wohnung
       in Kiel mieten, aber ihren Hauptwohnsitz in Hamburg behalten. Mit dem neuen
       Amt erfülle sich ein Traum, erklärte sie.
       
       16 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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