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       # taz.de -- Kommentar Demo gegen Antisemitismus: Eine verpasste Chance
       
       > Die Kundgebung unter dem Motto „Nie wieder Judenhass“ am Sonntag in
       > Berlin war kein Erfolg. Und das nicht nur, weil so wenig Teilnehmer
       > kamen.
       
   IMG Bild: Zeigte viel Flagge für Israel: Publikum bei der Kundgebung „Nie wieder Judenhass“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin
       
       Wer könnte und wollte der Parole „Nie wieder Judenhass“ ernsthaft
       widersprechen? Niemand, denn zumindest im öffentlichen Diskurs ist
       Antisemitismus in Deutschland ein Tabu, das „Nie wieder“ gehört schließlich
       zur raison d’etre der Bundesrepublik. Deshalb war es auch eine so
       ungewöhnlich breite Koalition, die zu der Großkundgebung am Sonntag in
       Berlin aufgerufen hatte.
       
       Dieser quasi offiziöse Charakter, der an den „verordneten Antifaschismus“
       in der ehemaligen DDR erinnerte, war vermutlich auch ein Grund dafür, warum
       sich trotz versammelter Politprominenz nur vergleichweise wenige Menschen
       daran beteiligten: von 4.000 Teilnehmern war die Rede. Aber wer will auch
       schon für die Staatsräson auf die Straße gehen?
       
       Die Veranstaltung am Sonntag hinterließ aber noch aus anderen Gründen einen
       faden Beigeschmack, und sie war auch eine verpasste Chance. Es war schade,
       dass dort kein Vertreter etwa eines muslimischen oder eines
       deutsch-arabischen Verbands als Redner eingeladen war, um ein Zeichen der
       Gemeinsamkeit aller Demokraten zu setzen.
       
       Und es ist schade, dass das Motto nicht, etwas breiter, zum Beispiel „Gegen
       Rassismus und Antisemitismus“ lautete. Denn es sind nicht nur Juden, die
       hierzulande angegriffen, bespuckt und beleidigt werden. Auch andere Gruppen
       haben unter Ressentiments und tätlichen Angriffen zu leiden – man denke nur
       an die Morde der NSU, die überwiegend an türkischen Kleinhändlern verübt
       wurden, oder an die vielen Übergriffe auf Moscheen in der letzten Zeit.
       
       Unter Ignatz Bubis hat der „Zentralrat der Juden“ in den Neunzigerjahren
       noch den Schulterschluss mit muslimischen Verbänden gesucht und gegen
       Ausgrenzung jeder Art Position bezogen. Unter Dieter Graumann ist er
       hingegen stärker an die Seite Israels gerückt. Mit dessen rechtslastiger
       Regierung, die nur wenig Achtung für die Menschenrechte der Palästinenser
       erkennen lässt, möchte sich hierzulande aber nicht jeder solidarisieren –
       auch nicht implizit, indem er unter Israel-Fahnen demonstriert. Auch ein
       Grund, warum manche nicht hingegangen sind, die unter anderen Vorzeichen
       wohl gerne gekommen wären.
       
       15 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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