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       # taz.de -- Nachfolge von Klaus Wowereit in Berlin: Der SPD-Wahlkampf kann beginnen
       
       > Bis heute Nachmittag dürfen sich Kandidaten für den Mitgliederentscheid
       > melden. Dessen Ergebnis muss ein Parteitag bestätigen: Das könnte
       > problematisch werden.
       
   IMG Bild: Und, wer soll's werden? Die drei Kandidaten für die Wowereit-Nachfolge Stöß, Saleh und Müller.
       
       Montag, 16.30 Uhr – das ist die erste der vielen Deadlines bei der Kür des
       Wowereit-Nachfolgers durch die rund 17.000 Menschen starke SPD-Parteibasis.
       Noch bis dahin können sich BewerberInnen für das Mitgliedervotum melden.
       Mitbringen – zumindest auf dem Papier – müssen sie zudem eine gewichtige
       Gruppe von Unterstützern: Zugelassen ist, wer vom Landesvorstand,
       mindestens einem der zwölf Kreisvorstände oder wenigstens drei Abteilungen
       als kleinsten Parteigliederungen nominiert wird, von denen Berlins SPD 119
       hat.
       
       Von den seit längerem bekannten vier Kandidaten erfüllen nur drei diese
       Voraussetzung: Landeschef Jan Stöß und Fraktionschef Raed Saleh hatten
       schon unmittelbar nach Wowereits Abgangsankündigung Ende August ihren Hut
       in den Ring geworfen, drei Tage darauf folgte der Stadtentwicklungssenator
       und ehemalige Parteichef Michael Müller. Beim vierten Bewerber, dem
       einfachen Parteimitglied Dietmar Arnold, klappt die Nominierung hingegen
       nicht. Der hauptamtliche Vorsitzende des Vereins Berliner Unterwelten, der
       unterirdische Anlagen der Stadt erforscht, teilte der taz am Sonntag mit,
       dass er keine drei Abteilungen hinter sich bringen konnte: „Die Zeit – zwei
       Wochen – war einfach zu knapp.“
       
       ## Außenseiter ohne Chancen
       
       Nach Auskunft von Parteisprecherin Josephine Steffen hatten sich bis
       Sonntagnachmittag keine weiteren Kandidaten gemeldet. Sie hätten auch kaum
       eine Chance: Selbst wenn keinem der drei Bewerber übermäßige
       Ausstrahlungskraft und Bekanntheit nachgesagt werden kann, stellen sie doch
       neben dem Noch-Regierenden Klaus Wowereit die prominentesten
       SPD-Landespolitiker dar.
       
       Der nächste Regierende Bürgermeister, der am 11. Dezember vom
       Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD und CDU gewählt werden soll, wird
       wohl in zwei Schritten bestimmt: Im ersten Wahlgang ist die absolute
       Mehrheit erforderlich, also mehr als die Hälfte der Stimmen. Bekommt die
       keiner der Bewerber, gibt es eine Stichwahl der zwei Bestplatzierten, die
       kurz vor dem Landesparteitag am 8. November ausgezählt sein soll. Als
       Favoriten gelten Müller und Stöß.
       
       Das Mitgliedervotum ist verbindlich, so hat es der Landesvorstand der SPD
       beschlossen. Trotzdem müssen die Delegierten auf dem Parteitag noch einmal
       über den Spitzenkandidaten abstimmen: Das sehen die Statuten der Partei
       vor. Denen zufolge muss der Parteitag den Kandidaten aufstellen.
       
       ## Eine Frage des Gewissens
       
       Auf den ersten Blick sieht das nur wie ein demokratietheoretisches Problem
       aus: Eine schon abschließend beschlossene Personalentscheidung wird noch
       einmal abgestimmt. In der Praxis könnte dieses Vorgehen – das wohl seinen
       Grund in einer noch nicht an die Möglichkeit von Mitgliederbefragungen
       angepasste Satzung hat – nicht wenigen Delegierten Gewissensprobleme
       bereiten. Etwa für den Fall, dass Müller als Sieger aus der Urwahl
       hervorgeht. Schließlich ist er als SPD-Landeschef erst vor zweieinviertel
       Jahren von der Partei entmachtet worden. Müller unterlag in einer
       Kampfabstimmung ausgerechnet Jan Stöß.
       
       Stöß wiederum wurde noch im Mai in seinem Amt bestätigt – wenn auch mit
       nicht gerade strahlenden 68 Prozent. Nun könnten zumindest einige
       Delegierte, die Stöß noch vor kurzem gewählt haben, in die Bredouille
       kommen, für seinen früheren und aktuellen Gegenkandidaten stimmen zu müssen
       – das legt das Votum der Basis nahe. Schlimmer noch: Sie würden ihn
       indirekt wohl wieder abzuwählen. Denn dass Stöß bei einem Sieg Müllers
       Landeschef bliebe, gilt als wenig wahrscheinlich. Für diese Delegierten
       stellt sich also die Frage, wie stark sie sich ans Mitgliedervotum gebunden
       fühlen.
       
       Das könnte dann nicht nur theoretische, sondern ganz praktische Folgen
       haben: Die Wahl des Spitzenkandidaten soll – so der Plan der SPD – eine
       glänzende Kür werden. Sie könnte zugleich der erste Dämpfer für Wowereits
       Nachfolger werden.
       
       15 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
   DIR Bert Schulz
       
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