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       # taz.de -- Eine Bewegung der Parteiverdrossenen: Die Retter der „Herzensflächen“
       
       > Mehrere Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen, um mit einem
       > Volksbegehren Bremens Grünflächen vor der Bebauung zu schützen.
       
   IMG Bild: Und das sind nur einige derer, die jetzt als "Initiativen für Bremen" zusammenarbeiten.
       
       Schon bei der Frage, wie viele Bremer Bürgerinitiativen sich da jetzt
       zusammengeschlossen haben, wird es etwas unübersichtlich. Sieben von ihnen
       haben am Freitag in die Bürgerschaft geladen, um dort ein Volksbegehren zu
       initiieren. Es soll Bremens Parks und Gärten, Friedhöfe und
       Parzellenländereien, Hochwasser- und Naturschutzgebiete sowie allerlei
       andere Grünanlagen vor Bebauung jedweder Art schützen. Die AktivistInnen
       kommen aus allen Teilen der Stadt, nennen sich nun „[1][Initiativen für
       Bremen]“ (IFB) und speisen sich aus einem Pool von rund 20
       Bürgerinitiativen.
       
       Die IFB fordern ein Gesetz, das mit drei schlichten Paragrafen auskommt,
       aber einen Titel hat, der viel zu lang ist, um ihn hier annähernd
       wiederzugeben. Der Inhalt ist so schlicht wie radikal: Fast 200 in einem
       „Flächenerhaltungsplan“ genannte Grün- und Sozialräume sind von „jeglichen
       Bauten aus dem Hoch- und Straßenbau freizuhalten“ und für „Erholung,
       Bewegung und Begegnung“ zu reservieren.
       
       Die Initiativen, die sich vor Ort beispielsweise der Rettung der
       [2][Osterholzer Feldmark] oder der [3][Wolfskuhlensiedlung] verschrieben
       haben, die aus Walle, Bremen-Nord oder der Neustadt kommen, sie alle eint
       vor allem ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber der Bremer Politik, vor
       allem – aber nicht nur – der des grünen Bau- und Umweltsenators Joachim
       Lohse. Sprecher und Alterspräsident der IFB ist [4][Olaf Dinné], der
       kommendes Jahr 80 wird, einst erfolgreich die Mozarttrasse bekämpfte,
       später einer der bundesweit ersten vier Landtagsabgeordneten der Grünen war
       und vor ein paar Jahren mit der rechtspopulistischen „[5][Bremen muss
       leben]“-Bewegung sympathisierte. „Wir wurden immer hinters Licht geführt“,
       sagt Dinné, „also versuchen wir nicht, mit Argumenten irgendetwas zu
       erreichen.“ Deswegen wollen sie jetzt selbst ein Gesetz durchsetzen, sagt
       Dinné – eines „nach unseren Vorstellungen“.
       
       Die IFB kritisieren das ihrer Meinung nach „kurzsichtige und einseitige
       Konzept der Innenstadtverdichtung“ und diverse Bauprojekte für
       „Premium-Wohnungen in Premium-Lagen“, die in den vergangenen Jahren in
       Bremen entstanden seien. Sie schimpfen darauf, dass die finanziellen
       Interessen „weniger Bauunternehmer und Investoren“ über dem „Wohl der
       Bevölkerung“ stünden und protestieren dagegen, dass die BürgerInnen von
       Planung, Verwaltung und Politik – wenn überhaupt! – „oft nur halbherzig“ in
       Entscheidungen eingebunden würden.
       
       Und jeder der IFB-AktivistInnen hat dazu eine Geschichte aus seiner Arbeit
       zu erzählen. Er sei von der Grünen-Fraktion „wieder ausgeladen“ worden,
       klagt Olaf Brandstätter, Sprecher von „[6][Grünes St. Magnus]“. Er sei von
       Politikern aller Couleur „richtig angelogen“ worden, sagt Michael
       Seegelcken-Kuhn von der „[7][Aktionsgemeinschaft Binnendüne]“.
       „Irgendwann“, sagt Gerhard Bomhoff und fasst sich an die Stirn, „steht
       einem das bis hier.“ Bomhoff vertritt die Initiative „[8][Rettet die grüne
       Lunge Werdersee]“.
       
       Nun treten sie an, um die „letzten Bremer Grünflächen“ vor der Bebauung zu
       schützen, die „Herzensflächen“, wie Dinné sie nennt. Deren Liste ist so
       lang wie das Misstrauen der IFB-Aktivisten groß. Kein einziges Grüngebiet
       in der Stadt scheint ihnen gefeit vor möglichen rot-grünen Bauvorhaben.
       
       Zugleich stellen sie in Frage, ob Bremen bis 2020 wirklich 14.000 neue
       Wohnungen braucht, wie es die Bauoffensive des rot-grünen Senats vorsieht.
       Die [9][neu avisierten 30 Flächen] für die von der Politik gewünschte
       Innenverdichtung Bremens reichten aber auch nur für 4.800 Wohnungen. Umso
       größer ist die Angst der IFB um das restliche Grün. Dass Bremen mehr
       Sozialwohnungen benötige, steht für sie jedoch außer Frage – Platz dafür
       sehen sie auf dem alten TÜV-Gelände in Hastedt, in der Überseestadt, an der
       Neuenlander Straße oder in Blumenthal.
       
       12 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.initiativen-fuer-bremen.de/
   DIR [2] http://www.ortsamt-osterholz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen180.c.2630.de
   DIR [3] http://a281-menschengerecht.de/index.php/vereinigung-und-ihre-mitglieder/bi-rettet-die-wolfskuhlensiedlung/38-wir-sind/gruppen-bis.html
   DIR [4] http://de.wikipedia.org/wiki/Olaf_Dinn%C3%A9
   DIR [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Bremen_mu%C3%9F_leben
   DIR [6] http://www.gruenes-sankt-magnus.de/
   DIR [7] http://www.ag-binnenduene.de/
   DIR [8] http://www.gruene-lunge-werdersee.de/
   DIR [9] http://www.wohnbauflaechen30plus.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
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