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       # taz.de -- NSA-Ausschuss im Bundestag: Reisen oder reisen lassen?
       
       > Die Koalition will eine Vernehmung Snowdens in Moskau und Verhandlungen
       > mit den USA über Dokumente für den NSA-Ausschuss. Die Opposition ist
       > empört.
       
   IMG Bild: Edward Snowden in einer Videokonferenz.
       
       BERLIN dpa | Im NSA-Untersuchungsausschuss spitzt sich der Streit um eine
       Vernehmung [1][des NSA-Enthüllers Edward Snowden] und um die Vorlage von
       Akten zu. Mit ihrer Mehrheit beschlossen Union und SPD in einer Sitzung des
       Gremiums am Donnerstag in Berlin, dass Snowden in Moskau angehört werden
       soll.
       
       Die Opposition will den Amerikaner unbedingt in Berlin vernehmen und dafür
       bis Anfang Oktober eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen.
       Ein teilweises Einlenken der Bundesregierung bei der Freigabe von Akten
       geht Linken und Grünen nicht weit genug – auch hier erwägen sie juristische
       Schritte.
       
       Durch Snowden war [2][die Datenspionage des NSA-Geheimdienstes] erst ins
       Bewusstsein der Öffentlichkeit gekommen. Der Ausschuss will die
       Ausspähungen und mögliche Verstrickungen deutscher Dienste aufklären. „Wir
       wollen zeitnah die Anhörung von Snowden“, betonte Unions-Obmann Roderich
       Kiesewetter (CDU). Sie solle in Moskau, einem Drittland oder per Video
       stattfinden. Geplant ist dies für Oktober. Snowdens verbesserte Lage in
       Russland mit einem dreijährigen Aufenthaltsrecht könnte ihn aus Sicht der
       Koalition dazu bewegen, seinen Widerstand gegen eine Befragung in Moskau
       aufzugeben.
       
       Grünen-Obmann Konstantin von Notz bezeichnete es als absurd, den Enthüller
       des größten Überwachungsskandals ausgerechnet im Staat von Präsident
       Wladimir Putin zu befragen. Schließlich genieße Snowden nun Reisefreiheit.
       Per Verfassungsklage will die Opposition erreichen, dass die
       Bundesregierung den Weg für eine Vernehmung in Berlin frei macht. „Die
       Klage wird voraussichtlich Ende des Monats/Anfang Oktober kommen“, sagte
       Linke-Obfrau Martina Renner. Kiesewetter sprach von „berechtigtem Klamauk
       der Opposition“.
       
       ## „Großer Dissens“
       
       Zuvor hatte der Geheimdienst-Beauftragte im Kanzleramt, Klaus-Dieter
       Fritsche, den Ausschuss über seine Reise zu den Staaten des
       Geheimdienstverbunds „Five Eyes“ [3][– darunter die USA und Großbritannien
       – informiert (pdf).] Er habe ein „Konsultationsverfahren“ angekündigt,
       sagte SPD-Obmann Christian Flisek. So solle mit Staaten wie den USA geklärt
       werden, ob Dokumente etwa zur Kooperation der Geheimdienste dem Ausschuss
       vorgelegt werden oder nicht.
       
       Renner sagte, hier baue sich ein „großer Dissens“ auf. Konsultationen der
       Regierung mit den USA über solche Akten lehnte sie strikt ab. „Es sind
       Dokumente der Bundesrepublik.“ Die Akten seien vollständig nötig, um die
       Überwachung Deutschlands durch die Dienste anderer Staaten einschätzen zu
       können. Ähnlich äußerten sich die Grünen.
       
       Weiter Streit gibt es auch über die Schwärzung von Akten für den Ausschuss
       durch Bundesregierung und Sicherheitsbehörden. Flisek kündigte ein
       Clearingverfahren an: Wenn eine Fraktion im Ausschuss eine Schwärzung
       beanstande, solle nun mit der Bundesregierung über den Fall verhandelt
       werden. Von Notz sagte, so ein Verfahren genüge nicht dem Rechtsstaat. „Das
       scheint mir ein Zeitspiel zu sein.“ Ein Gang vor Gericht schloss er nicht
       aus.
       
       Kiesewetter schlug vor, Schwärzungen sollten bei brisanten Akten durch eine
       höhere Geheimhaltungsstufe ersetzt werden. Die Ausschussmitglieder könnten
       die Dokumente dann unter höheren Sicherheitsbedingungen lesen.
       
       Am Vormittag ging es bei den Obleuten des Ausschusses um den Fall des
       Anfang Juli beim Bundesnachrichtendienst (BND) enttarnten Spions. Sie
       hatten dazu Generalbundesanwalt Harald Range zu Gast, der gegen den Mann
       ermittelt. Es bestand der Verdacht, dass auch Dokumente, die den
       NSA-Ausschuss betreffen, über den BND-Mann den Weg zum US-Geheimdienst CIA
       gefunden haben. Kiesewetter sagte unter Berufung auf Range, US-Dienste
       hätten den Ausschuss nach jetzigem Stand nicht ausgespäht. „Es gibt bisher
       keine Erkenntnisse in dieser Sache.“
       
       12 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=5yB3n9fu-rM
   DIR [2] http://www.washingtonpost.com/wp-srv/special/politics/prism-collection-documents/
   DIR [3] http://www.bundestag.de/blob/296974/f92d8809ce4b5596603581109a158677/12--sitzung_2014_09_11-pdf-data.pdf
       
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