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       # taz.de -- Breitbandausbau in Deutschland: Infrastruktur aus der Portokasse
       
       > Das Datennetz ist in vielen Teilen Deutschlands erstaunlich lahm. Das
       > Netz müsste für 45 Milliarden Euro ausgebaut werden, doch dafür gibt es
       > kein Geld.
       
   IMG Bild: Gibt's in den meisten Dörfern nicht: Internet über Glasfaserkabel.
       
       BERLIN taz | Ein merkwürdiges Ministerium hat Alexander Dobrindt. Um den
       Verkehr und neuerdings auch die digitale Infrastruktur soll sich der
       CSU-Politiker kümmern. Doch für ein schnelleres Internet und bessere
       Datenleitungen hat der Bundesminister kaum Geld. Nur die Portokasse seines
       Hauses steht zur Verfügung – etwa 30 Millionen von rund 23 Milliarden Euro.
       Was also gibt es zu diskutieren, wenn Dobrindts Haushalt am Freitag im
       Bundestag zur Debatte steht? Einerseits geht es um Straßen, Brücken und
       Beton. Aber auch um die Strategie für das Internetzeitalter.
       
       Gerade diese Debatte drängt, denn die Datenübertragung ist in weiten
       Regionen Deutschlands erstaunlich lahm. Oft läuft sie noch über 50 Jahre
       alte Kupferkabel. Manche Firma braucht deshalb Stunden, um beispielsweise
       Konstruktionszeichnungen mit großen Datenmengen per Internet zu
       verschicken.
       
       Im Vergleich zu anderen Staaten hat Deutschland einen erheblichen
       Rückstand, zeigen Daten der Industrieländer-Organisation OECD. Hierzulande
       sind weniger als 3 Prozent der Telefon- und Datenanschlüsse mit schnellen
       Glasfaserleitungen ausgestattet. Im Durchschnitt der OECD-Staaten betrug
       dieser Anteil 2009 dagegen bereits 17 Prozent, in Südkorea 67 Prozent.
       Deshalb hat die Bundesregierung kürzlich als Ziel verkündet, das Netz bis
       2018 flächendeckend auf die Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit
       (Millionen Bit) pro Sekunde zu bringen. Für privates Internetsurfen,
       Runterladen von Filmen und Online-Telefonieren dürfte das vorläufig
       reichen.
       
       Aber Firmen brauchen teilweise schnellere Leitungen. Und durch steigende
       Datenmengen wird der Druck weiter zunehmen. Deshalb sagt Georg Erber vom
       Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin: „Die Regierung
       sollte dafür sorgen, dass die Bandbreite der Dateninfrastruktur möglichst
       schnell auf ein Gigabit (Milliarden Bit) pro Sekunde ausgebaut wird.
       Mittels einer Regulierungsverordnung und Änderung des
       Telekommunikationsgesetzes könnte sie die Netzbetreiber im Rahmen eines
       Stufenplans verpflichten, dieses Ziel flächendeckend zu erreichen.“
       
       In eine ähnliche Richtung argumentiert Karl-Heinz Neumann, der
       Geschäftsführer des öffentlichen Instituts für Infrastruktur und
       Kommunikationsdienste (WIK) in Bad Honnef: „Ein flächendeckendes
       Glasfasernetz kann in Deutschland bis zum Jahr 2030 aufgebaut sein. Dies
       sollte das über 2018 hinausgehende neue und weitere Ziel der
       Breitbandpolitik werden.“
       
       ## Etwa drei Milliarden Euro jährlich
       
       Der Ausbau allerdings würde Geld kosten. In vielen Regionen Deutschlands
       müsste man die Landstraßen aufreißen. Selbst in den Großstädten reicht die
       schnelle Infrastruktur oft nicht in die kleinen Straßen. Bis 2030 wären
       rund 45 Milliarden Euro Investitionen nötig, etwa 3 Milliarden Euro
       jährlich, hat Neumanns Institut errechnet.
       
       Und woher könnten die Mittel kommen? Neumann schlägt vor, die Aktien der
       Telekom AG, die der Bund noch hält, zu verkaufen, und die Erlöse in Höhe
       von 15 Milliarden Euro in eine öffentliche Holdinggesellschaft zu stecken.
       Diese würde mit regionalen und privaten Netzbetreibern kooperieren, um das
       Glasfasernetz auszubauen. Als alternative Finanzierungsmöglichkeit kommt
       eine Netzabgabe in Frage, die die Netzbetreiber pro Anschluss von den
       Verbrauchern erheben, ähnlich der Umlage für Ökostrom.
       
       Nach Angaben des DIW-Experten Erber sind größere Ministeriumsausgaben nicht
       nötig für ein schnelleres Netz: „Öffentliche Mittel müssen nicht in großem
       Umfang in den Ausbau der Infrastruktur fließen“, sagt er. „Die
       Netzbetreiber verdienen genug, um diese Investitionen vorrangig selbst zu
       finanzieren. Ein Beleg dafür ist, dass die Telekom AG an ihre Aktionäre
       seit Jahren höhere Dividenden ausschüttet als beispielsweise Daimler oder
       die Deutsche Bank.“ Zu solchen Ideen will Dobrindts Ministerium nichts
       sagen. Zu konkreten Investitionssummen ebenso wenig. Man verweist nur auf
       die möglichen Einnahmen aus dem Verkauf von Mobilfunkfrequenzen durch die
       Bundesnetzagentur, die in den kommenden Jahren in den Ausbau des
       Breitbandnetzes fließen sollen.
       
       12 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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