URI: 
       # taz.de -- Unabhängigkeit von Spanien: Kurzer Kampf um Katalonien
       
       > Für die Unabhängigkeit Kataloniens werden am Donnerstag Hunderttausende
       > in Barcelona auf die Straße gehen. Am 9. November wollen sie abstimmen.
       
   IMG Bild: Katalanen demonstrieren in Barcelona Jahr für Unabhängigkeit.
       
       MADRID taz | Die Kampagne für die Unabhängigkeit Kataloniens geht in die
       Endrunde. Am Nationalfeiertag „Diada“ in der nordostspanischen Region
       werden Hunderttausende Menschen einem Aufruf der Unabhängigkeitsbewegung
       Katalanische Nationalversammlung (ANC) folgen und in Barcelona für eine
       Volksabstimmung über die Zukunft der wirtschaftsstarken Region auf die
       Straße gehen. Auf 11 Kilometern der beiden größten Boulevards der
       Mittelmeermetropole werden die Menschen in gelben und roten T-Shirts – den
       Nationalfarben Kataloniens – stehen.
       
       Wo sich die beiden Boulevards treffen, werden 947 Urnen aufgestellt, um
       über die Unabhängigkeit abzustimmen. Die Autonomieregierung in Barcelona
       hat den Abstimmungstermin schon festgelegt. Am 9. November sollen die
       Katalanen entscheiden. Die konservative Regierung in Madrid unter Mariano
       Rajoy will dies um jeden Preis verhindern.
       
       Sollte die Abstimmung am 9. November für die Unabhängigkeit ausgehen, dann
       soll am 23. April 2015 – dem Tag des katalanischen Schutzpatrons San Jordi
       – die Unabhängigkeit erklärt werden. Am Nationalfeiertag 2015 dann soll die
       Verfassung der neuen „Republik Katalonien“ ebenfalls per Volksabstimmung
       verabschiedet werden.
       
       Doch erst einmal muss die Abstimmung über die Unabhängigkeit abgehalten
       werden. Die Autonomieregierung unter dem Nationalisten Artur Mas will dazu
       am Tag nach der Volksabstimmung in Schottland im katalanischen Parlament
       ein entsprechendes Wahlgesetz verabschieden lassen. 105 der 135
       katalanischen Angeordneten werden aller Voraussicht nach dafür stimmen. Mit
       dem Gesetz in der Hand wird Mas dann den Urnengang für den 9. November
       einberufen. Madrid hat bereits angekündigt, gegen Gesetz und Wahlaufruf vor
       das spanische Verfassungsgericht zu ziehen. Dort dürfte Mas dann
       ausgebremst werden.
       
       ## Die Katalanen hoffen auf Schottland
       
       Die Katalanen hoffen auf Rückhalt aus Schottland. Ein Ja für die
       schottische Unabhängigkeit bei der Abstimmung am 18. September wäre, so
       Mas, „ein Trampolin“ für die katalanische Sache. „Die Verhandlungen über
       einen Verbleib Schottlands in der Europäischen Union würden ganz schnell
       beginnen. Das wäre sehr wichtig für Katalonien“, erklärte er in einem
       Interview.
       
       Doch wie das Szenario nach einem absehbaren Verbot des katalanischen
       Referendums durch das Verfassungsgericht aussehen könnte, darüber herrscht
       Uneinigkeit unter den Strömungen des katalanischen Nationalismus. Die ANC
       sowie die beiden linksnationalistischen Parteien ERC und CUP reden von
       „zivilem Ungehorsam“ und davon, die Urnen dennoch aufzustellen. Mas will
       davon nichts wissen. „Das Ganze muss in einer bestimmten Art und Weise
       durchgeführt werden“, warnt er vor einer ungesetzlichen Abstimmung. „Was
       würde es bringen, wenn Katalonien eines Tages ein unabhängiger Staat ist,
       wenn niemanden diesen Staat anerkennt?“, fragt er.
       
       Seine Idee im Falle eines Verbots des Referendums am 9. November: Bei den
       nächsten Wahlen zum katalanischen Parlament sollen alle nationalistischen
       Parteien mit einem einzigen Programmpunkt antreten, dem der Unabhängigkeit.
       Die Wahl würde zum Plebiszit. Doch Mas hat ein Problem. In seiner Partei
       CDC werden immer mehr Stimmen laut, die eine Abstimmung am 9. November um
       jeden Preis wollen. Ohne eigene Parlamentsmehrheit ist Mas auf
       Unterstützung durch die linke ERC angewiesen. Der Preis hierfür war die
       Durchführung der Volksabstimmung.
       
       Sollten in Katalonien am 9. November trotz Verfassungsgericht die Urnen
       aufgestellt werden, stände die Regierung in Madrid vor einem großen
       Problem. Denn dann gäbe es nur noch eine Möglichkeit, das Referendum zu
       verhindern, die Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung.
       Dieser sieht vor, „im Gesamtinteresse Spaniens“ die Autonomie einer Region
       außer Kraft zu setzen. Dies wäre der endgültige Bruch zwischen Madrid und
       Barcelona. Rajoy bekräftigte vor wenigen Tagen, „alle Mittel vorbereitet“
       zu haben.
       
       11 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Spanien
   DIR Europa
   DIR Katalonien
   DIR Unabhängigkeit
   DIR Spanien
   DIR Nationalismus
   DIR Katalonien
   DIR Spanien
   DIR Unabhängigkeit
   DIR Schottland
   DIR Juan Carlos
   DIR Barcelona
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Demos für ein Referendum: Katalanen wollen wählen
       
       Das Verbot einer Unabhängigkeitsabstimmung durch das spanische
       Verfassungsgericht akzeptieren die Katalanen nicht. Zehntausende fordern
       ein Referendum.
       
   DIR Essay Nationalismus in Europa: Nach der Kälte
       
       Bis 1989 waren Europas nationale Leidenschaften tiefgefroren. Nun ist der
       Nationalismus zurück, in der Ukraine zeigt er sich doppeldeutig.
       
   DIR Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien: Termin für Volksabstimmung steht
       
       Am 9. November sollen die Katalonier über die Unabhängigkeit ihrer Region
       von Spanien abstimmen. Die Zentralregierung in Madrid will dagegen
       rechtlich vorgehen.
       
   DIR Großdemo in Katalonien: Hunderttausende fordern Abspaltung
       
       In Barcelona haben 1,8 Millionen Menschen für die Lossagung von Spanien
       demonstriert. Das dafür geplante Referendum im November müsse stattfinden.
       
   DIR Europäische Separatismusbewegungen: Jedem sein eigener Staat
       
       Die Schotten, die Basken, die Katalanen – alle wollen unabhängig sein.
       Sollen sie doch. Das Prinzip nationaler Grenzen hat sich überlebt.
       
   DIR Vor dem Unabhängigkeitsreferendum: Schottland schockt Europa
       
       Der Kurs des Pfunds sinkt, weil die Abspaltung Schottlands vom Königreich
       wahrscheinlicher wird. Es geht um Macht, Schulden, die EU und den Euro.
       
   DIR Thronfolger in Spanien: Felipe VI. erbt eine rissige Krone
       
       Die Zahl der Monarchiegegner in Spanien wächst und an Popularität mangelt
       es dem neuen König noch. Den Thronfolger erwartet eine schwere Aufgabe.
       
   DIR Besetztes Haus in Barcelona: Gewalt bei Protesten gegen Räumung
       
       Nach der Räumung des „Can Vies" ist es die dritte Nacht in Folge in
       Barcelona zu Ausschreitungen gekommen. Auch in anderen spanischen Städten
       wurde demonstriert.