# taz.de -- Salafismus: Gegen die Radikalisierung
> Hamburg plant ein Präventionsnetzwerk gegen Islamismus, denn Salafisten
> werben neue Anhänger. Der Verfassungsschutz warnt vor Radikalisierung.
IMG Bild: Gefährlicher Graubereich: Die Grenzen zwischen Mission und Propaganda für den "Dschihad" verschwinden bei einigen Salafisten in Hamburg.
HAMBURG taz | Hamburg plant ein Präventionsnetzwerk gegen Islamismus,
dessen Grundlinien bis Ende des Monats zwischen den Behörden für Soziales,
Inneres und Bildung abgestimmt werden soll. Der Chef des
Verfassungsschutzes, Torsten Voß, hofft, dass bald ambulante Beratungsteams
die Arbeit aufnehmen – und bleibt beunruhigt angesichts der Rückkehrer aus
Syrien, die teils desillusioniert, teils aber auch radikalisiert zurück
nach Hamburg kommen. Bislang sind 28 Männer aus der Stadt nach Syrien
aufgebrochen, acht weitere stammen aus dem Umland. „Das sind
Hellfeldzahlen“, sagt Voß, „wir gehen von hohen Dunkelfeldzahlen aus“. Am
Montag hatte das Hamburger Abendblatt gemeldet, dass ein 18-Jähriger
Islamist aus Altona bei Kämpfen in Syrien getötet worden ist.
Anlass für die Gründung des Präventionsnetzwerks sind laut Sozialbehörde
Tagungen und Gespräche auf Bundesebene, wo man sich einig sei, dass in
jedem Bundesland Angebote vorhanden sein sollten, die dem Werben der
Salafisten entgegenwirken sollen. Bislang plant der Hamburger Senat noch –
sodass die Sozialbehörde, die die Federführung haben wird, keine genaueren
Auskünfte gibt.
Dass sie und nicht die Innenbehörde den Vorsitz hat, entspricht den
Empfehlungen von Experten. Diese glauben, dass es wesentlich ist, den
Staatsschutz und die Beratung zu trennen, damit Vertrauen entstehen kann.
Ähnliches gilt für die Einbindung der muslimischen Gemeinden, wie sie auch
in Hamburg vorgesehen ist.
Von Anwerbeversuchen von Salafisten an Schulen, wie sie von Abendblatt und
NDR berichtet wurden, weiß die Schulbehörde nichts. „Davon ist uns nichts
bekannt“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. Dementsprechend gebe es
auch keine Pläne, dem entgegenzuwirken.
Bekannt seien dagegen rund zehn Fälle, in denen Mitschüler, aber auch auch
außenstehende Erwachsene, auf muslimische Schülerinnen Druck ausgeübt
hätten, weil etwa deren Kleidung nicht ihren Vorstellungen entsprach. Dies
seien aber „Einzelfälle“, sagt Albrecht, sie seien aus Mümmelmannsberg und
Billstedt gemeldet worden. Es gebe einen Fachreferenten, der die Kollegien
vor Ort berate. Leitlinie sei, dass „die gleichen Regeln für alle gelten“ –
dementsprechend sollten etwa die Schulpflicht und die Teilnahme am
Schwimmunterricht durchgesetzt werden.
Von anderer Seite ist zu hören, dass auf Fachkonferenzen auch von Seiten
der Schulen auf Präventionsarbeit gedrungen worden sei.
Verfassungsschutzchef Voss spricht davon, dass „vereinzelt“ an Schulen für
den Salafismus geworben worden sei. Für ihn radikalisieren sich die
Jugendlichen jedoch eindeutig über das Internet und dies rasant. „Früher
dauerte das anderthalb Jahre, heute findet es innerhalb weniger Wochen
statt“, sagt Voss.
Ein zweiter „Hotspot“ seien die Werbestände in Harburg und der Hamburger
Innenstadt, wo laut Verfassungsschutz die Grenzen zwischen religiöser
Mission und Propaganda für bewaffneten Kampf zunehmend verschwimmen.
Ähnliches passiere in der Taquwa-Moschee.
Immerhin hat Pierre Vogel, Vorzeigeprediger der Salafisten aus
Nordrhein-Westfalen, seinen Aufenthalt in Hamburg-Wilhelmsburg beendet.
Dass er nach wenigen Wochen die Stadt verlassen hat, ist nach Ansicht von
Verfassungsschutz-Chef Voss das Ergebnis einer guten Kombination von
Verfassungsschutz und „massiver Medienarbeit“, die Vogel aus der Anonymität
herausgenommen habe.
Auch an anderer Stelle steht Hamburg gut da: Die von Experten empfohlene
muslimische Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten gibt es schon lange.
9 Sep 2014
## AUTOREN
DIR Friederike Gräff
DIR Friederike Graeff
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