URI: 
       # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Altersarmut olé
       
       > Was tun Journalisten, die in Anbetracht lustiger Honorare nichts fürs
       > Alter zurücklegen können? Dämm-Uli Wickert macht's vor.
       
   IMG Bild: Uli, was ist aus dir geworden?
       
       Hallo taz-Medienredaktion!
       
       OH! MEIN! GOTT! Journalismus. Altersarmut. Erniedrigende Tätigkeiten. Ich
       kann es nicht leugnen, ich beginne mir Sorgen zu machen.
       
       Zwar hatte ich gedacht, das Thema würde erst in ein paar Jahren relevant,
       dann aber das: Ulrich Wickert, der Ehemann von Gruner + Jahrs Vorstandsfrau
       Julia Jäkel, wackelt im ARD-Werbeblock durch Wald und Wiese und will was.
       Zunächst dachte ich, er hat wieder Kinder abzugeben, Ebola-Waisen, für die
       er Paten sucht, denn er spricht von „Kindern“ und „Zukunft“, aber dann
       fällt auch das Wort „Umwelt“. Und während sein Blick auf eine
       wahrscheinlich sehr, sehr glückliche Kleinfamilie in einem bescheidenen
       Einfamilienhaus fällt, geht es sehr viel um Verantwortung. Im Sinne von
       Erhalt und Natur. Denn Ulrich Wickert wirbt für [1][daemmen-lohnt-sich.de]
       Er möchte, dass wir Häuser dämmen.
       
       Auf der Webseite – wohinter die Interessenvertreter von „Qualitätsgedämmt
       e. V.“ stehen – strahlt einem der Uli entgegen, und „bringt die nötige
       Sachlichkeit in die Diskussion um Wärmedämmung“. Sein Engagement liest sich
       so: „Herr Wickert, man kennt Sie als reflektierten Journalisten – welche
       Themen halten Sie aktuell für wichtig?“ Dämm-Uli nennt die Krise der
       Finanzmärkte und soziale Ungerechtigkeit, kommt dann aber zügig auf
       Erderwärmung und „verantwortungsvollen Umgang mit Energie“. In einem
       kleinen Film spricht der als „Journalist und Autor“ ausgewiesene Mann
       wunderbar natürlich über Kinder, Kindeskinder und das Dämmen.
       
       Und da denke ich schon: Ist das nicht furchtbar? Jahrzehntelang im Dienst
       der ARD, Korrespondent, Moderator, Bestsellerautor und Ehemann der Margaret
       Thatcher des Verlagswesens und dann im Alter von 72 noch die Seele
       verkaufen? Seine Glaubwürdigkeit für ein paar Euro zum Teufel jagen? Hat
       denn die ARD keinen Härtefonds? Kann ihm denn die Julia nicht unter die
       Arme greifen? Haben die etwa Gütertrennung? Und überhaupt: Wer kümmert sich
       um die Kinder?!?
       
       ## Kopf hoch, Corny kauen
       
       Mich macht das alles sehr, sehr traurig. Zumal ja die Frage ist: „Was ist
       mit uns?“, wenn sich die, die viel verdienen, aber ihr Geld wohl
       durchgebracht haben, trotz lukrativer Eheschließung im Rentenalter im
       Seniorenjobsegment breitmachen? Was bleibt da für die, die Arbeit nach der
       Arbeit dringend brauchen werden? Wobei ich nicht diejenigen meine, die
       aktuell bei Thatcher & Jahr entlassen werden und sicherlich noch
       irgendwelche halbwegs okayen Abfindungen bekommen. Sondern die, die
       arbeiten und arbeiten und in Anbetracht der lustigen Honorare nichts
       zurücklegen können?
       
       Wie man nicht nur Personal „in größerem Umfang“ abbaut, sondern auch den
       lästigen Betriebsrat schwächt, zeigt der Verlag M. DuMont Schauberg mit
       seiner Hamburger Morgenpost. Er plant, ganze Abteilungen in Hamburg zu
       schließen bzw. in den Billig-Osten zu verlagern. Schließt man eine gesamte
       Abteilung, kann man auch den ansonsten quasi unkündbaren Betriebsräten die
       Entlassungspapiere übergeben.
       
       Das muss aber keinen Leser stören. Die bekommen nämlich heute von der Mopo
       einen Müsliriegel. 10 000 Corny-Riegel liegen bereit. Die sehen zwar aus,
       als wäre bei Familie Feuerstein die Dinkelpizza verkohlt, aber na gut. Das
       ist toller, als als Mitarbeiter nicht dabei sein zu dürfen, wenn im Grand
       Elysee-Hotel die 65-Jahr-Feier des Blattes begangen wird. Vielleicht hätte
       man die Riegel lieber den Angestellten geben sollen, damit die auch feiern
       können. Und ihren Biss trainieren. Und damit zurück nach Berlin!
       
       10 Sep 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://xn--dmmen-lohnt-sich-sra17c.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Burmester
       
       ## TAGS
       
   DIR Journalismus
   DIR Altersarmut
   DIR Betriebsrat
   DIR Medienkrise
   DIR Konsum
   DIR Focus
   DIR Gruner + Jahr
   DIR Silke Burmester
   DIR Altersarmut
   DIR Medien
   DIR Journalismus
   DIR Die Kriegsreporterin
   DIR Migration
   DIR Bunte
   DIR Silke Burmester
   DIR Bild-Zeitung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Sozialwissenschaftler über Ungleichheit: „Die Mittelschicht gerät unter Druck“
       
       Christoph Scherrer erklärt, welche Auswirkungen soziale Ungleichheit hat.
       Den Prekarisierten fehle eine wirksame politische Vertretung.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Wahrheit hat neun Buchstaben
       
       „Spiegel“ und „Focus“ haben eine neue Markenbotschaft, die „F.A.Z.“ dealt
       mit Vitra und auch bei der „Zeit“ geht es um weiches Sitzen.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Trügerische Sicherheit am Stadtrand
       
       Online-Chefs, Mohammed-Karikaturen und mangelnde Solidarität. Da ist es
       wichtig, dass man seinen Humor nicht verliert.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Erstmal gucken, was noch da ist
       
       Kai Diekmann engagiert sich nun. Egon Erwin Kisch gibt es bald als Stift.
       Und die Kriegsreporterin ist zurück aus der Pause.
       
   DIR Klaus Wicher vom Sozialverband über Geldnot: „Die Altersarmut wächst rapide“
       
       In Hamburg leben so viele Alte von Grundsicherung wie sonst nirgends und
       die Zahl steigt rapide. Für Betroffene hat das üble Auswirkungen.
       
   DIR Netzwerk für „Silver Surfer“: Kater. Sonnenaufgang. Baumschnitt.
       
       „Seniorbook“ bringt Menschen in der zweiten Lebenshälfte digital in Kontakt
       – für die gemeinsame Besichtigung eines Doms oder Kochabende.
       
   DIR Das Ich im Journalismus: Im Zeitalter der Selbststilisierung
       
       Journalisten betreiben immer häufiger Nabelschau, anstatt ordentlich zu
       recherchieren. Das ramponiert den Ruf des Berufsstands.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Wir sehen uns in der Trinkhalle
       
       Der „Focus“ soll am Samstag erscheinen. Demonstrationen beim „Stern“. Alles
       mit B. Und: Die Kriegsreporterin macht Pause.
       
   DIR Ausbildung von Journalisten: Weiß, akademisch, bürgerlich
       
       Die Henri-Nannen-Schule kürzt in der Journalistenausbildung: weniger
       Schüler, weniger Beihilfe. Damit gräbt sie sich ihr eigenes Grab.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Fettsucht-Geschosse auf Dreijährige
       
       Die „Bunte“ debattiert, ob ein Kleinkind zu dick ist, Ildikó von Kürthy
       sucht die Anleitung, um Feministin zu werden. Und das alles mit dänischem
       Akzent.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Dann doch lieber frei sein
       
       Vom Logenplatz aus lässt sich beobachten, wie dampfmaschinenmäßig es beim
       „Spiegel“ zugeht. Beim „Stern“ darf Bruder Bräsig wieder ran.
       
   DIR Kolumne Die Kriegsreporterin: Sommerloch? Mit Bartwolle stopfen!
       
       Wer Hirn hat, darf noch lange nicht reden, aber eventuell zwitschern.
       Vielleicht muss man sich dafür auch einen Bart wachsen lassen.