# taz.de -- Kommentar Waffenruhe in der Ukraine: Krieg an der Propagandafront
> Erhebliche Zweifel sind angebracht, ob die Feuerpause wenigstens soweit
> hält, um die Chancen auf einen Friedensschluss zu wahren.
IMG Bild: Zerstörter Panzer am Stadtrand von Mariupol in der Ostukraine
Getötete Zivilisten, Schießereien im Donbass und Explosionen am Flughafen
von Donezk: Zwar ist es noch zu früh, das Minsker Protokoll zwischen der
Kiewer Regierung und den prorussischen Kämpfern vom vergangenen Freitag als
komplett hinfällig zu bezeichnen. Dennoch sind erhebliche Zweifel
angebracht, ob die Feuerpause wenigstens insoweit hält, um die Chancen auf
einen Friedensschluss zu wahren.
So wie immer in diesem Krieg, der nicht nur im Osten der Ukraine, sondern
auch an der Propagandafront ausgefochten wird, bezichtigen sich die
Konfliktparteien gegenseitig, die Vereinbarung gebrochen zu haben. Doch wer
auch immer dafür verantwortlich zeichnet – es liegt die Vermutung nahe,
dass es auf beiden Seiten Kampfeinheiten gibt, die in Eigenregie unterwegs
sind. Und denen ist es herzlich egal, worauf sich Unterhändler des
ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und der Rebellen einigen. Das
wiederum würde die Behauptung des Kreml stützen, mit den prorussischen
Kämpfern nichts zu tun zu haben und ergo auch keinen Einfluss auf sie
ausüben zu können.
Zum jetzigen Zeitpunkt können sich die Rebellen als Sieger betrachten. Denn
das in der Minsker Vereinbarung erwähnte Gesetz über einen Sonderstatus für
den Donbass könnte auf ein quasi staatliches Gebilde ähnlich wie das von
der Republik Moldau abtrünnige Transnistrien hinauslaufen. Dort könnten die
Rebellen dann schalten und walten, wie sie wollen.
Entgegenkommen dürfte ihnen auch, dass diejenigen, die sich schwerer
Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben, straffrei ausgehen
sollen. Das ist ein Schlag gegen alle, die auch durch die ukrainische Armee
Opfer von Folter, Entführung und willkürlichem Beschuss geworden sind. Und
es dürfte den Weg zum Frieden alles andere als befördern.
7 Sep 2014
## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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