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       # taz.de -- Kurden-Verbandschef über PKK: „Das Verbot kriminalisiert die Kurden“
       
       > In Deutschland ist die PKK verboten. Man dürfe sie aber nicht an ihrer
       > Politik von vor 20 Jahren messen, sagt Kurden-Verbandschef Yüksel Koc.
       
   IMG Bild: Der frühere Vorsitzende der PKK in Berlin.
       
       taz: Herr Koc, gerade hat das Bundeskriminalamt einen Mann festgenommen,
       weil er für die PKK tätig gewesen sein soll. 
       
       Yüksel Koc: Was genau soll er gemacht haben?
       
       Er soll Geld für die PKK gesammelt und damit, so der Generalbundesanwalt,
       „militärisch strukturierte Guerillaeinheiten“ unterstützt haben, die
       „Attentate auf türkische Polizisten, Soldaten und Tourismuszentren in der
       der Türkei“ verüben. 
       
       Genau das höre ich seit 20 Jahren; es ist exakt die gleiche Formulierung,
       immer derselbe Text der Staatsanwälte. Hat der Mann selbst Gewalt ausgeübt?
       Offensichtlich nicht. Sonst könnte man ihn ja deswegen anklagen. Aber so
       wird immer politische Arbeit kriminalisiert.
       
       Was hat sich denn in den letzten 20 Jahren geändert? 
       
       Die kurdische Seite hat seit langem erklärt, dass sie eine demokratische,
       friedliche Lösung, gemeinsam mit allen anderen Minderheiten, will. 2013 hat
       Öcalan ein Friedensangebot gemacht. Seitdem verhandelt die türkische
       Regierung mit der PKK und mit Öcalan. Damals hat der Bundesaußenminister
       Guido Westerwelle gesagt, dass er dies begrüße und unterstützen werde. Als
       kurdische Organisationen erwarten wir das auch. Und eine Aufhebung des
       Verbots wäre eine sehr wichtige Unterstützung für diesen Friedensprozess.
       
       Das Bundesinnenministerium lehnt dies ab. Die PKK übe zwar in Deutschland
       keine Gewalt mehr aus, dies sei aber nur „taktisch motiviert“. Scheitern
       die Friedensverhandlungen, könnte die PKK wieder zu den Waffen greifen,
       glaubt die Bundesregierung. 
       
       Der Gewaltverzicht ist nicht taktisch motiviert. Wenn jemand Gewalt ausübt
       oder andere antidemokratische Dinge tut, dann soll er vor Gericht kommen,
       egal ob Kurde, Türke oder sonst wer. Wir lehnen Gewalt zur Durchsetzung
       politischer Ziele ab.
       
       Das Verbot stammt aus einer Zeit, in der das anders war. 
       
       Man kann die PKK nicht an der Politik von vor 20 Jahren messen. Viele Dinge
       haben sich geändert. Die PKK ist selbstkritisch, es gab einen
       Paradigmenwechsel.
       
       Und was sind die neuen Paradigmen? 
       
       Die Kurden haben mit der HDP eine neue Partei gegründet, in der wir uns mit
       anderen Minderheiten, Linken und liberalen Türken zusammengeschlossen
       haben. Die Mehrheit der Kurden will keinen eigenen Staat, sondern
       demokratische Selbstverwaltung. So, wie es etwa in Rojava, dem syrischen
       Teil Kurdistans, praktiziert wird. Das ist ein Modell für die gesamte
       Region.
       
       Welche „Selbstkritik“ meinen Sie? 
       
       Öcalan und die kurdischen Organisationen haben erklärt, dass sie eine neue
       Politik verfolgen.
       
       Der PKK werden Anschläge und Schutzgelderpressung vorgeworfen. Was ist denn
       so schwer daran, zu sagen: Das und das haben wir getan, aus den und den
       Gründen, aber es war falsch und wir distanzieren uns. 
       
       Daran ist so schwer, dass ich nicht für die PKK sprechen kann und mich
       nicht für sie von ihrer Geschichte distanzieren kann. Diesbezüglich
       appellieren wir an die Bundesregierung, in einen Dialog mit der PKK zu
       treten, wie es auch derzeit die Türkei tut.
       
       Das tun Sie ja schon länger, auch wenn die Bundesregierung darauf bislang
       nicht reagiert hat. Angenommen, dies würde sich ändern – was würden Sie ihr
       sagen? 
       
       Selbst in der Türkei kann man mittlerweile ein Bild von Öcalan und
       PKK-Symbole zeigen. Hier gibt es immer wieder Verfahren deswegen. Die
       Kurden sind eine der größten Minderheiten in Deutschland. Das Verbot
       kriminalisiert pauschal alle Kurden, man denkt, wir seien gefährliche
       Menschen. Am Arbeitsplatz oder in der Schule hat man Angst, zu sagen, dass
       man Kurde ist.
       
       4 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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