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       # taz.de -- Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge: Schwarz-rote Abwehrreflexe
       
       > Die Innenminister der Länder sehen sich kaum noch in der Lage, neue
       > Unterkünfte für Flüchtlinge zu besorgen. Diakonie und Linke
       > widersprechen: Es gibt genügend Platz.
       
   IMG Bild: Es gibt kaum noch Kapazitäten, um die vielen Flüchtlinge unterzubringen, sagen die Innenminister
       
       BERLIN/BREMEN epd/dpa | Wegen des wachsenden Flüchtlingszustroms nach
       Deutschland fürchten die Innenminister von Union und SPD eine Überforderung
       der Länder. „Wir stoßen nun an Grenzen“, sagte der Vorsitzende der
       Innenministerkonferenz, der nordrhein-westfälische Ressortchef Ralf Jäger
       (SPD), der Welt am Sonntag.
       
       Die Landesinnenminister der SPD hatten erst am Freitag ein Programm von der
       Bundesregierung gefordert, um Kommunen bei der Aufnahme weiterer
       Flüchtlinge zu unterstützen. Innenminister der unionsregierten Bundesländer
       haben generell skeptisch auf Forderungen ihrer SPD-Kollegen nach einem
       Aufnahmeprogramm für irakische Flüchtlinge reagiert.
       
       Sachsens Innenminister, Markus Ulbig (CDU), erklärte: „Sachsen nimmt nach
       Kräften Asylbewerber auf, und viele Menschen kümmern sich. Aber keinem
       Flüchtling ist geholfen, wenn wir uns durch neue Forderungen überfordern.“
       
       Es gehe zunächst nicht um Aufnahmekontingente, sondern um Hilfe vor Ort,
       sagte auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU).
       „Natürlich müssen weitere Flüchtlingsaufnahmen von Bund und Ländern auch
       weiterhin gemeinsam finanziert und gewährleistet werden.“
       
       Allerdings gebe es jetzt schon erhebliche Probleme, alle Asylbewerber und
       Flüchtlinge in den Kommunen unterzubringen, sagte Caffier, der auch
       Sprecher der Unions-Innenminister ist. „Wer also wie mein niedersächsischer
       Amtskollege allgemeine Forderungen zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge
       aufstellt, muss diese Forderungen auch bezahlen und die Flüchtlinge
       menschenwürdig unterbringen können.“
       
       ## EU soll entlasten
       
       Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) verlangte Entlastung von
       Seiten der Europäischen Union. Im internationalen Vergleich übernehme die
       Bundesrepublik angesichts der Flüchtlingsdramen viel Verantwortung, sagte
       er der Welt am Sonntag. Es müsse nun sichergestellt werden, „dass sich auch
       unsere europäischen Partner stärker einbringen“.
       
       Sein Kollege Jäger aus NRW forderte bei der Unterbringung flexible
       Maßnahmen: Eine Beherbergung in Zelten – wie vor Kurzem in Duisburg geplant
       – könne nur die letzte Notlösung sein. „Wir sollten versuchen, möglichst
       schnell leer stehende Kasernen oder Kliniken zu nutzen“, sagte der
       SPD-Politiker. Wie vor ihm Volker Kauder (CDU) sprach sich Jäger zugleich
       für ein Aufnahmekontingent von 15.000 Flüchtlingen aus dem Irak aus.
       
       Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU) warnte, die Länder – auch Bayern
       – hätten „kaum noch Kapazitäten, um die vielen Flüchtlinge unterzubringen“.
       
       ## Diakonie: „Ausreichend Wohnraum“
       
       Aus Sicht des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche können dagegen
       wesentlich mehr Menschen aus Kriegsgebieten untergebracht werden. „Wir
       haben ausreichend Wohnraum für Flüchtlinge“, sagte Diakoniepräsident Ulrich
       Lilie.
       
       Der Vorsitzende der Linkspartei Bernd Riexinger fordert, eine „große Zahl“
       von Flüchtlingen aus der syrisch-irakischen Bürgerkriegsregion in
       Deutschland aufzunehmen – ebenso bereitwillig, „wie wir Waffen liefern“.
       
       Der frühere Präsident der EU-Parlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), schlug
       eine europäische Flüchtlingskonferenz vor. „Ich rege an, dass die
       italienische Ratspräsidentschaft, die ja bis Ende dieses Jahres dauert,
       hier eine Initiative ergreift“, sagte Pöttering am Wochenende im
       Deutschlandradio Kultur.
       
       31 Aug 2014
       
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