URI: 
       # taz.de -- Warentester über EU-Staubsaugerregel: „Diese Watt-Protzerei ist Unsinn“
       
       > Ab Montag dürfen nur noch Staubsauger mit weniger als 1.600 Watt Leistung
       > verkauft werden. Kein Problem für die Kunden, sagt Werner Hinzpeter von
       > der Stiftung Warentest.
       
   IMG Bild: „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann“: Staubsaugervertreter in einem Sketch von Loriot.
       
       taz: Herr Hinzpeter, jetzt dürfen keine Staubsauger mehr in den Handel
       gebracht werden, die mehr als 1.600 Watt Leistung haben. Manche Verbraucher
       überlegen, noch schnell eins der letzten Geräte mit viel Power zu kaufen.
       Wäre das klug? 
       
       Werner Hinzpeter: Auf keinen Fall. Diese Watt-Protzerei ist Unsinn. Unsere
       Tests zeigen seit Jahren: So viel Leistung braucht kein Mensch.
       
       Aber für Laien klingt es logisch, dass hohe Wattzahl eine hohe Saugleistung
       bedeutet. Warum stimmt das nicht? 
       
       Die Motorleistung sagt nichts darüber aus, wie viel Saugkraft tatsächlich
       am Boden ankommt. Entscheidend dafür ist, dass die Düsen aerodynamisch
       konstruiert und alle Bauteile gut aufeinander abgestimmt sind. Und wenn
       wirklich die volle Kraft von 2.000 Watt auf den Boden gebracht wird, dann
       kann man die Sauger kaum mehr schieben. Die kleben praktisch am Teppich.
       
       Die EU-Vorgaben sind also kein Problem? 
       
       Nein, überhaupt nicht. Den Grenzwert von 1.600 Watt erfüllen allein seit
       2011 schon 27 Staubsauger, die von uns die Note „Gut“ bekommen haben. Und
       einer der beiden Sieger beim letzten Test brauchte nur 870 Watt. Damit
       erfüllt er jetzt schon den Grenzwert, der erst ab 2017 gilt. Viele sind
       längst da, wo die EU hinwill.
       
       Wenn es so einfach und sinnvoll ist: Warum erfüllen nicht längst alle
       Modelle diese Anforderungen ganz ohne Zwang? 
       
       Ich glaube, die Hersteller sind Opfer ihrer eigenen Werbestrategie
       geworden. Eine Wattzahl versteht jeder Kunde sofort, auch wenn sie nichts
       über die tatsächliche Saugleistung aussagt. Teilweise sind die Angaben auch
       reine Protzerei: Der Testsieger von Siemens hat real nur 870 Watt
       aufgenommen, auf der Packung waren aber 1.200 Watt angegeben. Offenbar galt
       auch da die Annahme, dass sich vermeintlich hohe Leistung besser verkauft
       als hohe Effizienz.
       
       Gilt das Verbot auch für Internetanbieter? 
       
       Die Regelung sagt, dass der Handel ab Montag keine neue Ware oberhalb der
       Wattgrenze mehr einkaufen kann. Da das für die ganze EU gilt, dürfte
       Internethandel weitgehend abgedeckt sein, denn der läuft meist über
       Tochterfirmen oder Importeure in der EU. Möglich bleibt natürlich, ein
       Watt-Monster direkt in den USA zu bestellen, dann zu verzollen und mit
       einem passenden Stecker zu versehen und zu hoffen, dass es auch mit 230
       Volt funktioniert.
       
       Demnächst nimmt sich die EU Kaffeemaschinen und Wäschetrockner vor. Ist das
       sinnvoll? 
       
       Bei Geschirrspülern, Kühlschränken oder Lampen gibt es seit vielen Jahren
       Vorgaben und dort hat sich gezeigt, dass sie zu erheblichen Innovationen
       führen, von denen die Verbraucher profitieren. Allerdings sind die Angaben
       auf dem EU-Label teilweise verwirrend, weil da auch noch Effizienzklassen
       draufstehen, die gar nicht mehr erhältlich sind. Zudem ist das Label
       mitunter wenig realitätsnah. Bei Waschmaschinen etwa beurteilen sie nur das
       Energiesparprogramm. Das optimieren die Hersteller dann, aber viele Kunden
       verwenden es gar nicht. Bei der Stiftung Warentest machen wir hingegen das
       tatsächliche Nutzerverhalten zur Grundlage für unsere Bewertung.
       
       Wenn die effizienten Geräte so gut sind – warum kann man nicht auf
       Grenzwerte verzichten und auf den mündigen Verbraucher setzen? 
       
       Verbraucher werden von den Grenzwerten profitieren. Sie sparen Strom, ohne
       auf gute Geräte verzichten zu müssen.
       
       31 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
   DIR Staubsauger
   DIR Energieeffizienz
   DIR Tee
   DIR Ritter Sport
   DIR Stiftung Warentest
   DIR Verbot
   DIR Internet der Dinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Stiftung Warentest zu Giftstoffen im Tee: Abwarten und Krebs kriegen
       
       In Darjeeling- und Ceylon-Assam-Teeblättern findet die Stiftung Warentest
       hohe Dosen von Anthrachinon. Die Substanz soll krebserregend sein.
       
   DIR Streit um Schoko-Test: Voll auf die Nuss
       
       Die Stiftung Warentest räumt nach der Niederlage gegen Ritter Sport ihren
       Fehler ein. Doch die meisten ihrer Untersuchungen sind grundsolide.
       
   DIR Ritter Sport gegen Stiftung Warentest: Wenig Aroma, viel Image
       
       Die Stiftung Warentest verliert im Streit gegen Ritter Sport. Die Tester
       konnten eine Behauptung nicht beweisen, nun scheint das Vertrauen
       angekratzt.
       
   DIR Neues EU-Verbot gegen Stromfresser: Staub und Vorurteil
       
       Die EU verbietet Staubsauger, die Strom verschwenden. Für manche Medien ist
       das Anlass, gegen die Brüsseler Bürokratie zu hetzen.
       
   DIR Standards für das „Internet der Dinge“: Sprachunterricht für die Mikrowelle
       
       Um Haushaltsgeräte miteinander zu vernetzen, braucht es einen gemeinsamen
       Standard. Konzerne versuchen jetzt, ihre Technologien durchzusetzen.