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       # taz.de -- Kein Geld für keine Arbeit: Null Kohle für „Null-Euro-Jobs“
       
       > Jobcenter startet Ausschreibung für 500 neue Förderungen. Für Teilnehmer
       > gibt es kein Geld, aber Arbeit und Bildung.
       
   IMG Bild: Mit der Kein-Euro-Münze lässt sich die Maßnahme nicht angemessen finanzieren.
       
       HAMBURG taz | Hamburg startet ab Dezember eine Beschäftigungsmaßnahme für
       510 Langzeitarbeitslose, die nicht einmal jene 1,70 Euro pro Stunde in die
       Hand bekommen, die bei 1-Euro-Jobs üblich sind. Der Begriff „Null-Euro-Job“
       sei aber „irreführend“, sagt Jobcenter-Sprecherin Heike Böttger. Es handle
       es sich um eine Qualifizierungsmaßnahme. Da seien „Motivationsprämien“
       nicht üblich.
       
       Petra Lafferentz, Geschäftsführerin des Beschäftigungsträgers „Alraune“,
       sieht das anders. „Ich bleibe bei der Bezeichnung ’Null-Euro-Jobs‘, weil
       der Senat diese Maßnahmen als Teil des sozialen Arbeitsmarktes aufführt.“
       Alraune werde sich nicht bewerben. Der Bürgerschaftsabgeordnete Tim Golke
       (Die Linke) spricht gar von „Zwangsarbeit“. Schließlich drohe jenem, der so
       eine Maßnahme nicht antritt, eine Sanktion.
       
       Als die taz im Juni über die Pläne berichtete, hatte die Sozialbehörde noch
       beschwichtigt. Man bemühe sich um eine Bezahlung, hieß es. Vorstellbar wäre
       ein Verdienst von 100 Euro im Monat. Doch daraus wird nun nichts. „Die
       Entscheidung ist gefallen“, sagt Heike Böttger. Die Ausschreibung an die
       Träger ging in dieser Woche raus.
       
       Der taz liegt die 25-seitige Beschreibung vor. Demnach dauert eine Maßnahme
       39 Wochen. Und es ist in der Tat ein Anteil von 15 Stunden pro Woche für
       Bildung vorgesehen, bei einer 30-Stunden-Woche. In der übrigen Zeit sind
       „produktionsorientierte Tätigkeiten“ vorgesehen wie „Landschaftspflege mit
       Laubharken“ oder „Herstellung von Speisen“. Als materieller Anreiz sind
       allenfalls „kleine Feste oder Ausflüge der Gruppe“ vorgesehen.
       
       „Ich fürchte, dass die Bildung nebenbei erfolgt und es doch schlicht eine
       Beschäftigungsmaßnahme ist“, sagt Tim Golke. Er sieht darin den „Tiefpunkt“
       nach einer langen Serie von Kürzungen. Petra Lafferenz kritisiert, dass der
       Senat diese 500 Stellen zum Kontingent der rund 3.000 Stellen öffentlich
       geförderter Beschäftigung zählt. „Da passiert faktisch ein Abbau.“ Denn
       dafür fielen Arbeitsgelegenheiten (AGH) weg, bei denen die Teilnehmer
       immerhin 204 Euro im Monat verdienen.
       
       Wenige Monate vor der Wahl möchte die SPD-Fraktion noch mehr gegen
       Langzeitarbeitslosigkeit tun. Auf ihren Antrag hat die Bürgerschaft jetzt
       beschlossen, dass Hamburg „Modellregion“ für den „Passiv-Aktiv-Transfer“
       werden soll.
       
       Bei diesem Modell, das Baden-Württemberg bereits praktiziert, werden
       Hartz-IV-Regelsatz, Mietkosten und Geld für die Arbeitsförderung zu einem
       Lohn gebündelt, um Arbeitslosen sozialversicherte Beschäftigung zu bieten.
       
       Doch dafür müssten Gesetze geändert werden, sagt Jens Schwieger (SPD). Der
       Antrag sei „ein Fuß in der Tür“, damit Hamburg dabei ist, wenn der Bund
       damit startet. Nur: Das kann dauern.
       
       Den Grünen geht das zu langsam. Sie fordern 1.000 öffentlich geförderte
       Stellen. Hamburg könne jetzt ein Modell starten, sagt die Abgeordnete Filiz
       Demirel. Das ginge per Ausnahmegenehmigung: „Baden-Württemberg hat das
       vorgeführt.“
       
       31 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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