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       # taz.de -- Verfassungsreform in Schleswig-Holstein: Oh Gott, oh Gott!
       
       > Die künftige Landesverfassung soll eine Präambel mit Gottesbezug
       > beinhalten. Dagegen wehrt sich jetzt eine Initiative. Bisher gibt es
       > solche Passagen nicht.
       
   IMG Bild: Der schleswig-holsteinische Landtag in Kiel.
       
       KIEL dpa | Führende schleswig-holsteinische Politiker von SPD und Grünen
       wenden sich in einer Initiative gegen einen Gottesbezug in der künftigen
       Landesverfassung. „Wir sehen keine Notwendigkeit für einen solchen
       religiösen Zusatz“, heißt es in der Erklärung „Eine Verfassung für alle“,
       [1][die im Internet veröffentlicht wurde].
       
       In der aktuellen schleswig-holsteinischen Verfassung finde sich bisher
       keine solche Formulierung. Bei der geplanten Reform solle die Präambel eine
       breite Wertebasis auf Grundlage humanistischer Werte, der Menschenrechte,
       des Friedens und der Gerechtigkeit beinhalten.
       
       Zu den rund 30 Unterzeichnern gehören mehrere Landtagsabgeordnete der
       Grünen und der SPD. Auch der Lübecker Bürgermeister Bernd Saxe und die
       Grünen-Landesvorsitzende Ruth Kastner unterstützen die Initiative.
       
       Dagegen befürworten Ministerpräsident Torsten Albig und SPD-Fraktionschef
       Ralf Stegner einen Gottesbezug. Bei der Landtagssitzung im Juli hatte Albig
       es als unvorstellbar bezeichnet, auf einen Gottesbezug zu verzichten. Die
       große Mehrheit der Menschen in diesem Land führe sich auf etwas Höheres
       zurück. Hierbei sei es unerheblich, ob sie Christen, Muslime oder Juden
       sind oder anderen Glaubensgemeinschaften angehören. „Ich werbe sehr, sehr
       dafür, dass wir dieses aufnehmen.“ Es gehe um das Bekenntnis, im
       Bewusstsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen zu handeln.
       
       ## Kontroverse um Ausgrenzung
       
       Die Kontroverse flammte am Donnerstag neu auf. Der Parlamentarische
       Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Heiner Garg, meinte angesichts
       neuer Äußerungen Albigs, „die Diskussion werde immer abstruser“. „Wenn der
       Ministerpräsident jetzt öffentlich mitteilt, dass eine Verfassung ohne
       Gottesbezug für ihn 'nicht vorstellbar' sei, dann drängt sich unweigerlich
       die Frage auf, auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage er aktuell zu
       regieren meint. Die derzeit gültige Landesverfassung hat nämlich keinen
       Gottesbezug.“
       
       Landtagspräsident Klaus Schlie bekräftigte als CDU-Abgeordneter sein Ja für
       einen Gottesbezug: „In die neue Verfassung gehört unsere Verantwortung vor
       Gott, alles andere halte ich für undenkbar.“ Für ihn sei dies keine Frage
       von Mehrheitsglaube oder von Statistiken. „Es ist vielmehr ein
       Selbstverständnis, dass wir uns in unserem Handeln nicht selbst genügen.“
       
       Der kirchenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Daniel Günther, wies die
       Behauptung der Gegner eines Gottesbezuges, dieser grenze nichtgläubige
       Menschen aus, zurück. „Ein Gottesbezug grenzt niemandem aus. Die von uns
       vorgeschlagene und beispielsweise auch von den islamischen
       Religionsgemeinschaften unterstützte aus dem Grundgesetz übernommene
       Formulierung tut dies schon gar nicht.“ Die Präambel des Grundgesetzes
       beginnt mit den Worten „Im Bewusssein seiner Verantwortung vor Gott und den
       Menschen...“.
       
       ## Hälfte, Hälfte
       
       Über den Gottesbezug soll erst mit der Abstimmung über die neue Verfassung
       im Herbst entschieden werden. Dazu wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit des
       Parlaments notwendig, die aber als unwahrscheinlich gilt. Bei einer
       Probeabstimmung in der SPD-Fraktion sei jeweils etwa die Hälfte dafür oder
       dagegen gewesen, sagte Fraktionspressesprecherin Petra Bräutigam am
       Donnerstag. Auch bei den Grünen, den Piraten und der FDP gibt es erhebliche
       Widerstände. Dagegen unterstützt die CDU-Fraktion geschlossen einen
       Gottesbezug.
       
       Mit der Reform der Verfassung sollen Volksentscheide mit niedrigeren Quoren
       erleichtert und die Gewährleistung einer digitalen Privatsphäre als
       Staatsziel festgeschrieben werden. Das Schulwesen der dänischen Minderheit
       wird ebenso verankert wie die Inklusion. Für die Reform insgesamt wird mit
       einer großen Mehrheit gerechnet. CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW
       signalisierten ihr Ja; die Piraten wollen erst ihre Mitglieder befragen.
       
       Erstmals bekennt sich der Landtag in einer Präambel zu Grundwerten wie
       Menschenrechten, Frieden, Gerechtigkeit, Demokratie, Freiheit, Toleranz und
       Solidarität, aber auch zu nachhaltigem Handeln. Dies wird von allen
       Fraktionen getragen.
       
       28 Aug 2014
       
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