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       # taz.de -- Schleswig-Holsteins Rüstungsindustrie: Waffenbauer wollen mehr
       
       > Schleswig-Holsteins Rüstungsindustrie macht Umsatz. Trotz angekündigter
       > Export-Restriktionen ist die Umstellung auf zivile Produkte kein Thema.
       
   IMG Bild: Kann nicht mehr so einfach exportiert werden: U-Boot aus Kiel.
       
       HAMBURG taz | Um im Geschäft zu bleiben, setzt die schleswig-holsteinische
       Rüstungsindustrie darauf, dass die Bundeswehr in Zukunft auch im Inneren
       eingesetzt wird – wofür sie zusätzliche Ausrüstung bräuchte. In seinem
       Jahresbericht 2014, den der Arbeitskreis Wehrtechnik Schleswig-Holstein am
       Dienstag in Kiel vorstellte, plädiert dieser für eine „stärkeren Verzahnung
       von äußerer und innerer Sicherheit zu einem Gesamtsicherheitskonzept“, bei
       dem die Bundeswehr helfen soll, „terroristischen Bedrohungen“ zu begegnen.
       
       Die Rüstungsindustrie ist verunsichert, seitdem das von Sigmar Gabriel
       (SPD) geführte Bundeswirtschaftsministerium die Exportrichtlinie aus dem
       Jahr 2000 restriktiv auslegt. Exportgenehmigungen dauerten länger, würden
       nicht entschieden oder blieben liegen, klagt der Vorsitzende des
       Arbeitskreises Wehrtechnik, Dieter Hanel.
       
       Rüstungsexporte seien kein Instrument der Wirtschaftspolitik, schreibt
       Gabriel im Vorwort zum Rüstungsexportbericht der Bundesregierung. Der
       Export von Kriegswaffen in Staaten außerhalb von Nato und EU darf laut der
       Richtlinie nicht genehmigt werden, es sei denn, besondere außen- oder
       sicherheitspolitische Interessen sprächen für eine Genehmigung.
       
       ## Eher stornieren als aufstocken
       
       Der von Gabriel verkündete Kurs macht Hanels Unternehmen Sorgen. Knapp die
       Hälfte ihrer Erzeugnisse – vom Elektronikmodul bis zum U-Boot – haben sie
       2013 exportiert. Und die Ausfuhr dürfte in Zukunft bedeutender werden, weil
       Deutschland und seine Verbündeten ihre Aufträge eher stornieren als
       aufstocken: Statt 410 Puma-Schützenpanzer will die Bundesregierung etwa
       bloß noch 350.
       
       Um für Aufträge zu sorgen, postuliert der Arbeitskreis „politischen
       Handlungsbedarf“: Die Verteidigungsaufgaben müssten von 1,3 auf zwei
       Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Die europäischen
       Rüstungsexportbestimmungen seien zu harmonisieren, damit die deutsche
       Industrie auch dann an Projekten mitarbeiten kann, wenn die Panzer und
       Raketen von weniger skrupulösen Partnern an Dritte verkauft werden.
       
       Von Vorschlägen der Gewerkschaften, die Betriebe auf eine zivile Produktion
       umzustellen, hält Hanel nichts. „Konversion ist eine äußerst schwierige
       Sache“, sagt er. „Die Unternehmen, die das vor 20 Jahren versucht haben,
       sind daran gescheitert.“
       
       „Die verdienen alle besser mit Waffenhandel“, kontert Jürgen Grässlin, der
       Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte
       Kriegsdienstgegnerinnen (DFG-VK). Deshalb hätten sie es erst gar nicht
       versucht. Würde Gabriel Ernst machen und tatsächlich keine Exporte in
       Staaten erlauben, die Kriege führen und die Menschenrechte verletzten,
       bliebe den Firmen gar keine Alternative zur Konversion.
       
       27 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
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