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       # taz.de -- Aufruf an alle Hobbyforscher: Auf Augenhöhe
       
       > Heute ist es schwerer, sich abseits der akademischen Laufbahn als
       > Wissenschaftler zu etablieren. Aber welche Entdeckung entgeht uns
       > dadurch?
       
   IMG Bild: Ohne den Forscherdrang von Charles Darwin hätten es diese Spezies wohl kaum ins Londoner Naturkundemuseum geschafft.
       
       Streng genommen könnte man den Naturwissenschaftler Charles Darwin einen
       frühen Vertreter der „Citizen Science“ nennen – denn sein Studium der
       Medizin und der Theologie hat wenig mit seinen Beiträgen zur
       Evolutionstheorie zu tun. Dennoch gilt Darwins Hauptwerk „Über die
       Entstehung der Arten“ heute als Wendepunkt in der Geschichte der modernen
       Biologie. Die Grundlagen dafür eignete er sich aber nicht im Studium an,
       sondern auf seiner fast fünfjährigen Reise mit der HMS Beagle, die ihn um
       die Welt führte.
       
       Wer sich heutzutage auf die Suche nach Experten begibt, wird jedoch recht
       schnell bei den Universitäten landen. Das Bild des in seiner Garage
       tüftelnden Erfinders musste hochspezialisierten Forschern weichen, die sich
       schon früh bewusst für eine wissenschaftliche Karriere entschieden haben.
       
       Doch muss Forschung zwangsläufig in dieser Form organisiert sein? Peter
       Finke, emeritierter Professor für Wissenschaftstheorie, bestreitet dies. In
       seinem Buch „Citizen Science“ geht er auf die gleichnamige Bewegung ein,
       die vor etwa drei Jahren aus England über die USA nach Deutschland kam. Der
       Begriff beschreibt all die Menschen, die außerhalb ihrer Berufe an neuen
       wissenschaftlichen Erkenntnissen arbeiten.
       
       Doch trotz beachtlicher Erfolge dieser „Bürgerwissenschaftler“, die zu
       Biologie, Medizin oder Technik forschen, hält sich die Wertschätzung
       gegenüber ihrer Arbeit in Grenzen. Um ernst genommen zu werden, sind
       Zertifikate und Titel oftmals Voraussetzung – zum Leidwesen Peter Finkes.
       Er wünscht sich eine gleichberechtigte Anerkennung der Erkenntnisse und
       somit zugleich eine Öffnung der Wissenschaft.
       
       ## Forschern ohne Publikationsdruck
       
       Aber was bedeutet ernsthafte Wissenschaft noch, wenn jeder Hobbyforscher
       plötzlich auf Augenhöhe mit Professoren behandelt werden soll? Welche
       Instanz kann dann zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden? Klar ist,
       dass in der Wissenschaft irgendetwas schief läuft, wenn die Fähigkeit der
       „Drittmittelaquise“ heute eine notwendige Voraussetzung ist, um an
       Universitäten Karriere machen zu können. Professoren müssen sich neben
       ihren Publikationen auch an der Geldbeschaffung messen lassen. Können
       „Citizen Science“ hier Abhilfe schaffen?
       
       Ohne Abhängigkeit von Geldgebern und Publikationsdruck können Sie ihrem
       Hobby nachgehen – und liefern so nicht selten beachtliche Erkenntnisse. So
       entstand beispielsweise durch das Engagement von interessieren
       Hobbyforschern in Kooperation mit Wissenschaftlern ein Mückenatlas, der die
       Verbreitung von Stechmückenarten kartographiert. Die Initiatoren sehen
       „Dialog auf Augenhöhe, Relevanz und Transparenz der Informationen“ als
       Voraussetzung ihres Erfolges.
       
       Haben Sie selbst Erfahrungen oder Anekdoten als Forscher oder
       Forscherinnen, die Sie uns gerne mitteilen würden? Wir freuen uns über
       Mails an [1][sonntaz@taz.de] und sind auf Ihre Geschichten gespannt.
       
       26 Aug 2014
       
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