URI: 
       # taz.de -- Referendum für Schottlands Abspaltung: Die Unentschiedenen entscheiden
       
       > Etwa gleich viele Schotten sind für und gegen eine Unabhängigkeit. Am
       > Montag debattieren noch einmal die Anführer beider Kampagnen im TV-Duell.
       
   IMG Bild: Kommt das Ende der Londoner Herrschaft?
       
       GLASGOW ap | Wohin man auch schaut im Schottland dieser Tage, überall
       stehen die Wörter „Yes“ und „No“. Egal ob auf Straßenlaternen,
       Einkaufstaschen, Regenschirmen, Plakaten oder Ballons: Ganz Schottland ist
       im Wahlfieber. Am 18. September stimmt das Land in einem Referendum über
       seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich ab. Doch ausgerechnet
       diejenigen, die sich am wenigsten für die Debatte interessieren, könnten
       über die Zukunft ihres Landes entscheiden: die Unentschlossenen.
       
       Die lange Debatte spiegelt sich in zwei gegensätzlichen Wahlplakaten in
       einer Straße in Glasgow: „Proud to be Scots – Delighted to be United“ heißt
       es da einerseits (zu deutsch: Stolz, Schotten zu sein, froh, vereinigt zu
       sein") und andererseits „Yes to a better, fairer Scotland“ (Ja zu einem
       besseren, gerechteren Schottland). Die Wahl zwischen beiden Alternativen
       spaltet das Land: In Meinungsumfragen sprachen sich in etwa gleich viele
       Schotten für und gegen eine möglichen Unabhängigkeit aus.
       
       Am Montag findet ein letzter Höhepunkt vor dem Referendum statt:
       Schottlands Regierungschef Alex Salmond, Vorkämpfer der Unabhängigkeit,
       tritt in einem letzten TV-Duell vor dem 18. September gegen den Anführer
       der „No“-Kampagne, Alistair Darling, an. Weil das internationale Interesse
       an einer vorherigen Fernsehdebatte so groß war, wird das Rededuell von den
       Sendern BBC (In Deutschland ab 21:30 von BBC World News) und C-Span
       weltweit übertragen.
       
       Obwohl die Debatte um die Unabhängigkeit mittlerweile gut zwei Jahre alt
       ist, haben Tausende Wahlberechtigte noch nicht entschieden, wofür sie
       votieren werden. Um sie buhlen Aktivisten auf etlichen Rathaustreffen, beim
       Kaffeetrinken und bei Diskussionen in Pubs, Clubs sowie auf öffentlichen
       Plätzen und im Nahverkehr. Politiker reisen quer durchs Land bis ins
       kleinste Dorf, um entweder die blau-weiße Flagge Schottlands oder den
       blau-weiß-roten Union Jack Großbritanniens zu verteilen. Weil erstmals auf
       der Insel auch 16- und 17-Jährige abstimmen dürfen, werden in Schulen
       Frage-und-Antworten-Stunden abgehalten.
       
       ## Hohe Wahlbeteiligung erwartet
       
       Die Entscheidung des Referendums betrifft alles in Schottland: die
       Wirtschaft, Reisepässe, die Währung, das Militär, die Zusammenarbeit mit
       der EU und natürlich den Nationalstolz. Menschen, die sich sonst nie mit
       Politik befasst haben, treten nun gegen oder für die Unabhängigkeit ein.
       
       „Wo immer man auch hingeht, irgendjemand redet immer darüber“, sagt die 38
       Jahre alte Friseurin Mairi Campbell in Glasgow, die definitiv gegen die
       Unabhängigkeit stimmen wird. „Früher redete ich mit meinen Kunden über das
       Wetter, Urlaub oder die Abendplanung. Jetzt endet jedes Gespräch mit dem
       Referendum.“
       
       Meinungsumfragen sehen die beiden Lager in etwa gleichauf mit einem kleinen
       Vorteil für die Gruppe, die auch nach 307 Jahren an der Seite von England,
       Wales und Nordirland im Königreich bleiben will. Knapp eine Million Wähler
       sollen aber weiterhin unentschlossen sein.
       
       In jedem Fall wird eine sehr hohe Wahlbeteiligung erwartet, möglicherweise
       bis zu 80 Prozent. Zum Vergleich: Bei der vergangenen Parlamentswahl gingen
       nur rund 50 Prozent der wahlberechtigten Schotten an die Urne. Die richtige
       Laune auf der Straße könnte so den entscheidenden Ausschlag für die einen
       oder die anderen geben, hoffen beide Seiten.
       
       25 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Paul Kelbie
       
       ## TAGS
       
   DIR Schottland
   DIR Großbritannien
   DIR Unabhängigkeit
   DIR Referendum
   DIR Schottland
   DIR Schottland
   DIR Großbritannien
   DIR Schottland
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
   DIR Schottland
   DIR Schottland
   DIR Großbritannien
   DIR Autonomie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Referendum in Schottland: Augen auf und durch
       
       Jetzt rächt sich, was das Londoner Establishment lange nicht wahrnehmen
       wollte. Es wird Zeit, dass die Unionisten nicht mehr nur schweigen.
       
   DIR Vor dem Unabhängigkeitsreferendum: Schottland schockt Europa
       
       Der Kurs des Pfunds sinkt, weil die Abspaltung Schottlands vom Königreich
       wahrscheinlicher wird. Es geht um Macht, Schulden, die EU und den Euro.
       
   DIR Unabhängigkeitsreferendum in Schottland: Umfragemehrheit für ein „Yes“
       
       Erstmals hat sich in einer Umfrage unter den Schotten eine knappe Mehrheit
       für eine Abspaltung von Großbritannien ausgesprochen. Nun ist auch die
       Königin besorgt.
       
   DIR Schottisches Unabhängigkeitsreferendum: Separatisten holen mächtig auf
       
       Neue Umfrageergebnisse deuten auf eine Wende bei der Abstimmung am 18.
       September hin. Der Wahlkampf wird mit harten Bandagen geführt.
       
   DIR Folgen des Referendums in Schottland: Nachhaltiger Klima-Kilt
       
       Schottlands Energiepolitik steht im Kontrast zu Englands Plänen für einen
       Ausbau der Kernkraft. Im Norden Britanniens setzt man auf Wind und Wellen.
       
   DIR Kommentar Schottland: Kampf der Gladiatoren
       
       Es scheint nicht mehr weit bis zur schottischen Unabhängigkeit.
       UK-Gutfinder Alistair Darling unterlag im vorentscheidenden Fernsehduell.
       
   DIR Debatte Separatismus: Das Empire stürzt in Schottland
       
       Im nächsten Jahr könnte sich der nördliche Teil Großbritanniens abspalten.
       Dann wäre die britische Kolonialgeschichte endgültig beerdigt.
       
   DIR Möglicher EU-Austritt Großbritanniens: Cameron will Volk sprechen lassen
       
       Großbritanniens Premier ist nun für ein Referendum über den EU-Ausstieg.
       Aber seine Partei hat keine Mehrheit in Parlament. Es könnte zum
       Wahlbündnis mit Ukip kommen.
       
   DIR Regionalismus in Europa: Schottische Mickymaus-Ökonomie
       
       Ein unabhängiges Schottland? Sollen sie doch, sagen viele Engländer. Auch
       die Schotten wollen Souveränität – mit dem Herzen. Im Kopf bleiben Zweifel.