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       # taz.de -- Prozess um Feuertod in Polizeizelle: Kein Visum für Oury Jallohs Bruder
       
       > Am Donnerstag wird Oury Jallohs Tod in einer Dessauer Polizeizelle vor
       > Gericht verhandelt. Sein Bruder sollte dabei sein, darf aber nicht
       > einreisen.
       
   IMG Bild: Protestplakat zum Tod von Oury Jalloh
       
       BERLIN taz | Am Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe
       erneut den Feuertod des Afrikaners Oury Jalloh. Sein Bruder Mamadou Saliou
       Diallo soll nicht dabei sein: Die deutsche Botschaft in Conakry, Guinea,
       weigert sich, dem Nebenklagevertreter ein Visum zu erteilen.
       
       Jalloh, ein Asylbewerber aus Sierra Leone, war 2005 an Händen und Füßen
       gefesselt ums Leben gekommen, als in seiner Zelle ein Feuer ausgebrochen
       war. Die Ursache ist bis heute ungeklärt – trotz zweier Prozesse.
       
       Jallohs Bruder wollte am Samstag nach Deutschland fliegen. Die Botschaft
       lehnte seinen Visumsantrag jedoch mit der Begründung ab, seine Absicht, vor
       Ablauf des Visums wieder auszureisen „konnte nicht festgestellt werden“.
       Auch habe er den „Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts
       nicht nachgewiesen.“ Jallohs Bruder war in der Vergangenheit bereits zwei
       Mal zu Gerichtsterminen nach Deutschland gekommen – und wie vorgesehen
       wieder ausgereist.
       
       Zudem, so die Botschaft, habe er nicht ausreichend nachgewiesen, wie er
       seinen Lebensunterhalt in Deutschland bestreiten wolle. Eine
       Verpflichtungserklärung von Unterstützern, die für seinen Unterhalt
       aufkommen wollen, reichte der Botschaft nicht.
       
       Die [1][Initiative „Gedenken an Oury Jalloh“] sprach von einer „rassistisch
       motivierten Erniedrigung von Hinterbliebenen eines Todesopfers exekutiver
       Gewalt“. Die Unterstellung, Diallo wolle nach der Verhandlung in
       Deutschland bleibe, sei „widerwärtig und anmaßend“.
       
       ## Polizisten in Revision
       
       In der Revisionsverhandlung prüfen die Richter die Verurteilung eines
       ehemaligen Dienstgruppenleiters der Polizei zu einer Geldstrafe von 10.800
       Euro wegen fahrlässiger Tötung. Die Entscheidung des BGH könnte auch ein
       laufendes Ermittlungsverfahren der Dessauer Staatsanwaltschaft zur Klärung
       der Todesursache beeinflussen.
       
       Die beiden Verteidiger des inzwischen 54 Jahre alten Polizisten wollen vor
       dem BGH erreichen, dass das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom Dezember
       2012 gekippt wird. Sie streben einen Freispruch an – wie 2008 bereits das
       Landgericht Dessau in erster Instanz entschieden hatte.
       
       Aber auch die Staatsanwaltschaft hat Revision gegen das Magdeburger Urteil
       eingelegt. Sie will vom BGH geklärt wissen, ob die Ereignisse vom 7. Januar
       2005 auch als Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu werten seien. Dies
       könnte dann in einem neuen Prozess eine Haftstrafe von mindestens einem
       Jahr, das Ausscheiden des Polizisten aus dem Dienst und das Erlöschen von
       Pensionsansprüchen bedeuten.
       
       ## Keinen Richter benachrichtigt
       
       Auch die Revision der Nebenkläger stütze sich auf die Missachtung des
       Richtervorbehalts, sagte der Hamburger Rechtsanwalt Philipp Napp. Nach der
       Festnahme um 8.30 Uhr wäre aus Napps Sicht zwingend ein Richter zu
       benachrichtigen gewesen. Dies sei aber bis zu Jallohs Tod um 12.06 Uhr
       nicht geschehen.
       
       Unterstützer der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ wollen mit drei
       Bussen aus Jena, Berlin und Leipzig zur BGH-Verhandlung nach Karlsruhe
       kommen. Ihr Sprecher Mouctar Bah sagte, er erwarte, dass etwa 80 Menschen
       dabei sein wollten.
       
       Die Initiative hat bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Strafanzeige
       wegen Mordes gestellt und das Gutachten eines irischen Brandexperten
       vorgelegt. Demnach habe der gefesselt auf einer Matratze liegende Jalloh
       das Feuer nicht selbst legen können. Es sei unmöglich, dass dieser sich
       selbst angezündet habe, sagte Bah in einer auf YouTube veröffentlichten
       Erklärung zur BGH-Verhandlung. Jalloh sei umgebracht worden, „nur weil er
       diese Hautfarbe hat“.
       
       Die Bundesanwaltschaft leitete die Anzeige an die Dessauer
       Staatsanwaltschaft weiter. „Es ist ein Todesermittlungsverfahren anhängig,
       das noch nicht abgeschlossen ist“, sagte Oberstaatsanwalt Christian
       Preissner eine Woche vor dem BGH-Termin. Seine Behörde werde genau prüfen,
       zu welchen Ergebnissen der BGH kommen werde. Wenn Karlsruhe dem Landgericht
       Magdeburg in der Feststellung der Todesursache folge, „wird man sehen, wie
       es mit dem Ermittlungsverfahren weitergeht“.
       
       25 Aug 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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