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       # taz.de -- Kolumne Ich meld' mich: Wir lieben unsere Nachtzüge
       
       > Immer weniger Destinationen sind per Nachtzug erreichbar. Das langsame
       > Sterben der Nachtzüge muss gestoppt werden!
       
   IMG Bild: So schön gebettet im rumpelnden Waggon wie einst Roy Black – und so was soll es nicht mehr geben?
       
       Wie man sich bettet …, so liegt man, auch im gleichnamigen Wagen der
       Deutschen Bahn. Deshalb verdrehen Sie am besten gleich bei Fahrtantritt das
       Doppellaken zu einer strammen Wurst und verheddern sich unentwirrbar in die
       Wolldecke der Marke "Hab viel erlebt" - so sparen Sie sich die Mühe, dies
       erst im Laufe der Nacht zu erledigen. Was Sie an Kleidung an- oder
       ausziehen, ist Ihnen selbst überlassen. Besondere Empfehlungen gelten nur
       für Herren jenseits der 50: Gerade Damen um 20 schätzen den Anblick eines
       in Ehren gereiften Körpers. Unterhose genügt vollkommen.
       
       Die Toilette zu finden ist kein Problem. Sie verlassen Ihr Abteil nach
       Süden, überklettern die Kofferberge der Schulklasse aus Bergen und
       schlängeln sich zwischen den beiden fülligen Zopfträgern durch. Wo
       Bierdosen aus dem Papierkorb quellen, stellen Sie sich direkt hinter die
       fünf Mitreisenden, die schon trippelnd warten. Verzichten Sie auf
       Verpflegung - Sie werden verköstigt. Mit Baklava, Slivowitz, slowenischem
       Presssack, algerischem Wein und spanischer Chorizo - falls nicht nur
       deutsche Mitreisende um Sie sind.
       
       Zu Recht gerühmt wird das Liegewagenabteil als Kommunikationslabor.
       Gesprächsansätze sind unter anderen: die Flasche Schaumwein, die die Dame
       über Ihnen umgekippt hat. Das Surfboard, ohne das der Blondschopf von
       Nummer 76 nie ins Bett geht. Die Kunststoffsocken des Herrn, der eben
       pinkeln ging. Doch nun wollen Sie schlummern. Kein Problem. Das anregende
       Odeur aus Patschuli, Turnhallenschweiß und leicht überfälligem Bückling hat
       bisher noch jeden in tiefsten Schlaf versetzt.
       
       Einen Wecker brauchen Sie übrigens nicht. Der freundliche Schaffner weckt
       Sie pünktlich vor der Ankunft in Augsburg, falls er nicht selbst
       verschläft, beim Einlaufen in den Bahnhof entsetzt die Abteiltür aufreißt
       und Sie zwei Minuten später auf den Bahnsteig schiebt, wo Sie sich mit
       einem fremden Schuh, verklebten Augen und ohne Laptop wiederfinden. Und das
       alles soll es irgendwann nicht mehr geben? Nicht mit uns, Bahn!
       
       23 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franz Lerchenmüller
       
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