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       # taz.de -- Eigene Medien der Bundesligaclubs: Sportschau? Och nö!
       
       > Statt den Umweg über Journalisten zu gehen, beliefern Bundesligavereine
       > ihre Fans direkt. Es ist eine Praxis zwischen Kontrolle und Kooperation.
       
   IMG Bild: Ein unabhängiger Experte am „HSV total!“-Mikro.
       
       Manuel Neuer war es, der ein erstes Zeichen setzte: Im Frühjahr 2011 teilte
       der Torhüter selbst mit, dass er Schalke verlässt – mit einem simplen
       Facebook-Eintrag. Tausenden gefiel das, denn hier erreicht der Protagonist
       seine eigentliche Zielgruppe, die Fans, ohne den bisherigen Umweg über
       Zeitungen und Sender. Journalisten schauen bloß zu.
       
       Vereine, Funktionäre und Spieler emanzipieren sich so von den etablierten
       Medien. „Durch die neuen Medien fällt die Zwischenzielgruppe der
       Journalisten weg“, sagt Christoph G. Grimmer, der an der Universität
       Tübingen die PR-Maschinerie der Fußball-Bundesliga erforscht hat. Gerade
       hat er seine 414-seitige Studie unter der Fragestellung „Kooperation oder
       Kontrolle?“ veröffentlicht.
       
       Dafür hat Grimmer die Sprecher aller Vereine besucht und über das Netz von
       weit mehr als 100 Sportjournalisten die Erfahrungen mit den Vereinen
       abgefragt. Große Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund haben
       gezielt „Spieler verknappen müssen“, um die eigenen Kanäle zu bestücken, so
       der Wissenschaftler. Klassische Medienanfragen würden meist in
       Massenveranstaltungen abgearbeitet.
       
       In den vergangenen Jahren haben die großen Klubs im Netz eigene
       Vereinssender ebenso wie eigene Fan- und Nachrichtenportale aufgebaut.
       Grimmer, der sich auch die Ausstattung der Vereine angesehen hat, sagt:
       „Beim FC Bayern arbeiten inzwischen 25 Leute an der Außendarstellung des
       Vereins. Die Mehrheit beschäftigt sich da mit den eigenen
       Kommunikationskanälen, die Minderheit mit Presseanfragen.“
       
       ## „HSV total!“
       
       Und es sind nicht nur die Münchner, die nicht allein auf die
       Berichterstattung von „Sportschau“, „Sportstudio“ und Sport1 setzen mögen.
       In Hamburg etwa organisieren zwei Mitarbeiterinnen und drei freie
       Videojournalisten „HSV total!“, ein Videoportal, das zusammen mit der
       Telekom produziert und das ganze Jahr über täglich mit mindestens einem
       neuen Video bestückt wird: Aufzeichnungen von Spielen, Berichte über
       Trainingseinheiten, Interviews.
       
       „Wenn du merkst, dass die Resonanz darauf positiv ist und du auch die
       Möglichkeit hast, in diesem medialen Dschungel eine Form der Deutungshoheit
       zu bewahren, dann nutzt du diese Formate natürlich verstärkt“, sagt
       HSV-Sprecher Jörn Wolf. Er wolle das auch „weiter forcieren und ausbauen“.
       Das Schöne für die Vereine ist ohne Frage: Auf ihre Sender und Plattformen
       kommt nur, was ihnen gefällt.
       
       In der Studie zum Spannungsverhältnis zwischen Pressesprechern der
       Bundesliga und Journalisten sind auch Projekte wie „HSV total!“ Thema.
       „Hiermit stellen die Vereine sicher, dass auch nur die Inhalte Verbreitung
       finden, die sie für publikationsfähig halten“, heißt es in Grimmers Studie
       über die Praxis, dass die Vereine ihr selbst produziertes Filmmaterial auch
       den klassischen Medien zur Verfügung stellen.
       
       Ist das also die pure Kontrolle? Mitnichten, denn in Hamburg ist auch dies
       zu erfahren: Sender fragten mitunter gezielt an, ob die Vereine aus
       Trainingslagern im Ausland nicht ein paar Bilder zuliefern könnten –
       detaillierte Shotlists, also Angaben zu den einzelnen Einstellungen
       inklusive. Das wiederum klingt in Zeiten redaktioneller Sparzwänge nach
       Kooperation. Die gemeinsame Sache – auch sie gehört offensichtlich zur
       neuen Medienwelt.
       
       ## Genervte Spieler
       
       HSV-Sprecher Wolf stützt aus seiner praktischen Erfahrung auch eine andere
       Erkenntnis der Studie: Spieler ließen sich immer seltener zu Interviews mit
       Journalisten motivieren. „Vor sieben, acht Jahren war das noch anders“,
       sagt Wolf zu Anfragen etwa von Bild und Kicker. „Das hatte irgendwie noch
       ein bisschen mehr Gewicht als ein Eintrag in einem sozialen Netzwerk.“
       Inzwischen habe sich das aber verschoben – zulasten der Medien.
       
       Außerdem müsse er, vor allem von Fernsehsendern, immer mehr Interviews
       „bündeln“, weil ja doch alle dieselben Fragen auf dem Zettel hätten und die
       Spieler damit zunehmend nerven.
       
       Vor allem Fernsehsender haben aber zumindest eine Möglichkeit, sich Zugänge
       zu organisieren: über den Geldbeutel. Wer sich die Übertragungs- oder
       zumindest Verwertungsrechte der Liga kauft, löst damit auch
       Privilegien.„Die Vereine kommen Anfragen von Sky sehr umfangreich nach“,
       sagt Grimmer. „Die sind sich bewusst, dass Sky die Bundesliga finanziert,
       und gewähren dem Sender entsprechende Vorzüge.“
       
       23 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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