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       # taz.de -- Kinofilm „When Animals Dream“: Werwölfin löst patriarchale Panik aus
       
       > Mit seinem Regiedebüt lässt Jonas Alexander Arnby eine junge Frau gegen
       > ihre Widersacher aufbegehren – durch eine monströse Transformation.
       
   IMG Bild: Die Hauptdarstellerin: Marie, gespielt von Sonia Suhl.
       
       Frauen in den Händen von Männern: Hier die junge Marie (Sonia Suhl), deren
       zerbrechlicher Körper gleich zu Beginn von „When Animals Dream“, dem
       Regiedebüt von Jonas Alexander Arnby, ganz den tastenden, fühlenden und
       drückenden Händen eines Arztes ausgeliefert ist. Dort deren Mutter (Sonja
       Richter), die mit leerem Blick im Rollstuhl vor sich hin vegetiert, eine
       Gefangene des Hauses, vielleicht auch ihres Mannes (Lars Mikkelsen), der
       ihr regelmäßig sedierende Medikamente verabreicht.
       
       Der Ort: ein dänisches Fischerdörfchen am nördlichen Zipfel des Landes, wo
       das Wetter so rau ist wie der Umgangston. Zu rau für die sensible Marie,
       die von den groben Kerlen in der industriellen Fischereianlage erst
       hinterrücks in einen Bottich schmieriger Fischabfälle gestoßen – wohl ein
       Initiationsritus – und später dem Terror einer zunächst angedrohten, dann
       aber als „Scherz“ unter Arbeitskollegen entlarvten Vergewaltigung
       ausgesetzt wird.
       
       Doch die eben noch sich hässlich lachend über Marie erhebenden Macker
       beäugen sie bald schon deutlich argwöhnischer: In ihr sprießt nämlich etwas
       – animalische Wut einerseits, Haarbüschel andererseits –, eine Art
       Krankheit offenbar. Und die verfilzten Männerbünde im Dorf vermuten bald,
       dass es sich dabei um dieselben Symptome handelt, die Maries Mutter früher
       hatte.
       
       „When Animals Dream“ greift das allegorische Potenzial des Horrorkinos auf,
       um den patriarchalen Schrecken darüber, dass sich in einer Frau ein
       ungeheueres Begehren und Empfinden regen, sie sich männlichen
       Disziplinierungswünschen widersetzt und ihr an allen möglichen Stellen am
       Körper Haare wachsen, in eine Ästhetik des Monströsen zu fassen.
       
       Wobei die Empathie des Films, wie es spätestens seit James Whales
       tragischer „Frankenstein“-Verfilmung gute Genre-Sitte ist, klar bei der
       Ausgestoßenen liegt, die sich schließlich in einem erbitterten Showdown
       gegen ihre Häscher und Peiniger wendet. Ob es da noch zum Abschluss den
       Hinweis gebraucht hätte, dass erst die bedingungslose Annahme durch ein
       liebendes Gegenüber der Gewalt ein Ende bereitet, bleibt allerdings
       fraglich.
       
       Für sein Gender-Werwolf-Drama nutzt Arnby, der sich bisher als Ausstatter
       von Lars von Triers Filmen verdient gemacht hat, die Mittel des
       einfühlsamen skandinavischen Arthouse-Horrorfilms, für den Tomas Alfredsons
       Vampirdrama „So finster die Nacht“ beispielhaft steht.
       
       „When Animals Dream“ ist sacht ins herbstlich Poetische entrückt, nicht
       zuletzt demonstrativ und tatsächlich auch eine Spur zu langsam erzählt. Ein
       wenig schade ist das vor dem Hintergrund, dass damit aus Genre-Perspektive
       am Ende eine trotz des sensiblen Umgangs mit dem Stoff recht übliche
       Geschichte steht, deren filmische Umsetzung für sich einen ästhetisch höher
       stehenden Rang zwar behauptet, sich dabei aber vor allem einer
       Kunstfertigkeit lediglich markierenden, geronnenen Form bedient.
       
       20 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Groh
       
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