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       # taz.de -- Gabriel will weniger Waffen exportieren: Jobs spielen keine Rolle
       
       > Arbeitsplätze dürfen kein Argument für Waffenexporte sein, sagt
       > Wirtschaftsminister Gabriel. Die Betriebsräte der Rüstungskonzerne sind
       > enttäuscht.
       
   IMG Bild: Im Visier der Unionsparteien: Sigmar Gabriel will weniger Waffen exportieren
       
       BERLIN taz | Peter Harte steht am Dienstagmittag vor dem Eingangstor des
       Bundeswirtschaftsministeriums, atmet zischend aus und zuckt mit den
       Schultern. Nein, antwortet er dann in die beiden Fernsehkameras vor ihm,
       optimistischer als am Vormittag sei er nun nicht. Der Wirtschaftsminister
       habe zwar vorgeschlagen, sich künftig regelmäßig zu treffen. Aber das hilft
       Peter Harte vorerst auch nicht weiter.
       
       Harte ist Betriebsratsvorsitzender der Cassidian Optronics GmbH, die
       Zielerfassungssysteme für Panzer baut. Eigentlich sollten die Sensoren in
       Zukunft auch in Saudi-Arabien zum Einsatz kommen. Weil Wirtschaftsminister
       Sigmar Gabriel (SPD) Rüstungsexporte aber strenger regulieren will als die
       Vorgängerregierungen, wird es dazu vermutlich nicht kommen; und der
       Betriebsratsvorsitzende fürchtet um die Arbeitsplätze seiner Kollegen.
       Immerhin 98.000 Menschen sind laut dem Bundesverband der Deutschen
       Sicherheits- und Verteidigungsindustrie direkt in der deutschen
       Rüstungsbranche beschäftigt. „Von Aufträgen der Bundeswehr oder der
       Nato-Staaten allein kann das Unternehmen nicht leben“, so Harte.
       
       In seinem Ministerium hat sich Gabriel am Dienstag insgesamt mit rund
       zwanzig weiteren Betriebsräten aus der Rüstungsindustrie getroffen. Diese
       hatten ihm zuvor in einem gemeinsamen Brief ihre Arbeitsplatzsorgen
       geschildert. Von seinem strikten Kurs bei Waffenexporten konnten sie den
       Wirtschaftsminister aber nicht abbringen, auch nicht im persönlichen
       Gespräch. „Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende
       Rolle spielen“, sagte Gabriel nach dem Treffen.
       
       Ohnehin sei kein Rüstungsunternehmen von Exporten auf die Arabische
       Halbinsel abhängig, ergänzte er. Schließlich verwies er auf
       Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Die Frage, welche
       Aufträge die Branche künftig von der Bundeswehr erwarten dürfe, könne er
       als Wirtschaftsminister nicht beantworten.
       
       Zuständig ist Gabriels Ministerium nur für die Exporte deutscher
       Rüstungsunternehmen ins Ausland. Diese müssen von der Bundesregierung
       einzeln genehmigt werden. In den vergangenen Jahren hatte sie
       verhältnismäßig selten ihr Veto eingelegt, die Exporteinnahmen der Branche
       erreichten Spitzenwerte. Nach seinem Amtsantritt im Dezember hatte Gabriel
       aber angekündigt, Waffengeschäften mit Ländern außerhalb von EU und Nato
       nur noch in Ausnahmefällen zuzustimmen.
       
       ## Angst vor „fatalen Abhängigkeiten“
       
       Seine prinzipielle Zustimmung signalisierte Gabriel dagegen in der
       vergangenen Woche für Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Kurden im
       Irak. In dem Fall würden die Waffen aber direkt von der Bundeswehr kommen,
       nicht von deutschen Rüstungsunternehmen. Als Wirtschaftsminister müsste
       Gabriel daher nicht zustimmen.
       
       Während die möglichen Waffenlieferungen an den Irak innerhalb seiner Partei
       umstritten sind, stehen die Sozialdemokraten in der Frage der
       Rüstungsexporte weitestgehend hinter ihrem Vorsitzenden. Kritik kommt
       dagegen vom Koalitionspartner. „Was Gabriel macht, ist aus meiner Sicht
       eine Gefährdung der nationalen Sicherheit“, sagte Joachim Pfeiffer (CDU) am
       Dienstag.
       
       Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion mahnte, dass
       Rüstungsunternehmen ins Ausland abwandern könnten und Deutschland dadurch
       in „fatale Abhängigkeiten von anderen Ländern“ gerate. Auch die CSU hatte
       Gabriels Linie in den letzten Wochen hart kritisiert.
       
       Die Gewerkschaft IG Metall lehnt es dagegen nicht grundlegend ab, deutsche
       Waffenexporte zu reduzieren. „Im Kern wollen wir weniger Exporte“, sagte
       der baden-württembergische IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger dem
       Deutschlandfunk. Außerdem regte er an, dass sich Rüstungsbetriebe künftig
       neben ihrem Kerngeschäft auch verstärkt um den zivilen Markt kümmern
       könnten. Dabei gehe es ihm darum, dass „die Kernkompetenzen und
       Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben“.
       
       19 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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