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       # taz.de -- Debatte um Umzug: Weite Reise für Müllwagen
       
       > Ein Teil der Müllabfuhr der Firma Nehlsen soll vom Stadtrand nach Hastedt
       > umziehen. Die ökologischen Folgen sind im Betriebsrat umstritten.
       
   IMG Bild: Künftig müssen bis zu 40 Bremer Müllwagen weitere Strecken fahren - kein Problem, meint die ENO.
       
       In Hastedt könnte es demnächst ziemlich laut werden. Die Müllabfuhr zieht
       nämlich bald um, nach über 20 Jahren. Also: Nicht die ganze, aber doch
       knapp 90 Leute, sagt der Betriebsrat der Bremer Entsorgungsbetriebe (ENO),
       die heute Entsorgung Nord GmbH heißen und zu Nehlsen gehören. In der
       Bennigsenstraße könnten deswegen schon bald, jeden Morgen, 30 bis 40
       Müllwagen „vom Hof donnern“, sagt ENO-Betriebsrat Kurt Abeler. Bislang ist
       dort nur eine Recycling-Station untergebracht, in Nachbarschaft der
       Feuerwache und einer ansonsten eher beschaulichen Wohngegend.
       
       Der Betriebsrat kämpft derzeit noch gegen den Umzug, verhindern kann er ihn
       aber wohl nicht. Für die betroffenen Müllwerker fürchtet Abeler „eine ganz
       große Verschlechterung“. Auch für die Umwelt: Denn künftig müssten die
       Müllwagen nach dem Abladen am zwischen Blockland, Unisee und Tierheim
       gelegenen Müllheizkraftwerk- und Deponiestandort Oken nochmals durch die
       ganze Stadt fahren.
       
       Rund zehn Kilometer extra sind das, sagt Abeler, Tag für Tag – „und das bei
       einem Unternehmen, das sich so für den Umweltschutz und das Energiesparen
       einsetzt und ganz viel Werbung mit seinem Hybridmüllwagen macht“. Der Umzug
       folge rein wirtschaftlichen, nicht etwa umweltfreundlichen Erwägungen,
       kritisiert Abeler.
       
       Bei der ENO und ihrem Mutterkonzern Nehlsen sieht man das anders. Nach dem
       Umzug sei „die Mehrzahl“ der Müllautos „ökologischer eingesetzt“, sagt
       Firmensprecher Michael Drost. Er sei sich sicher, dass sich „die
       Gesamtsituation“ ökologisch und ökonomisch „verbessere“, für den Konzern
       und für seine MitarbeiterInnen.
       
       Auch das firmeneigene Programm „pro Klima“ werde durch den Umzug
       „unterstützt“. Das sieht unter anderem vor, dass der Energieverbrauch „um
       mindestens 13 Prozent pro Jahr“ sinkt. Daneben müsse sich Nehlsen als
       expandierendes Unternehmen regelmäßig die Frage der optimalen Auslastung
       seiner rund 60 Standorte stellen. „Für die Müllabfuhr in Bremen reduzieren
       sich durch den Umzug die Fahrtwege und damit die Energieverbräuche und die
       CO2-Belastung aus diesen Verkehren“, so Drost.
       
       Beim ENO-Betriebsrat befürchtet man indes nur Nachteile – auch für die
       MitarbeiterInnen: Am neuen Standort gebe es zu wenig Parkplätze und keine
       Kantine. Die Sozialräume seien „deutlich schlechter“ ausgestattet, sagt
       Abeler, weil Nehlsen dort „seit 16 Jahren keinen Euro in die Renovierung
       und Instandhaltung“ gesteckt habe. Doch auch hier widerspricht die Firma:
       „Im Rahmen des Umzugs werden die Räumlichkeiten renoviert“, verspricht
       Drost.
       
       Beim zuständigen Ortsamt sind nur Planungen bekannt, „die dortige
       Recyclingstation auszubauen“, heißt es dort. Es solle, so
       Ortsamts-Mitarbeiter Theodor Dorer, die Möglichkeit geprüft werden, dort
       zukünftig auch privaten Sperrmüll abzugeben. Mehr wisse er nicht – und der
       Ortsamtsleiter sei momentan im Urlaub.
       
       Für Irritationen im Betriebsrat sorgte auch eine Stellenanzeige der Bremer
       Zeitarbeitsfirma TM Personalservice. Dort wurden für die städtische
       Müllentsorgung aktuell 20 Müllkutscher und 25 Müllwerker gesucht – bezahlt
       nach dem Zeitarbeitstarif, aber in unbefristeter Anstellung.
       
       Nach einer Anfrage der taz ruderte Nehlsen wieder zurück: „Der Text der
       Anzeige und der Bedarf an Mitarbeitern wurde von uns nicht autorisiert“,
       sagt Drost. „Die Anzeige wurde bereits gelöscht.“ Zwar suche Nehlsen
       „regelmäßig zur Überbrückung der Sommerzeit und kurzfristigen
       Auftragsspitzen“ Mitarbeiter, auch bei der fraglichen Zeitarbeitsfirma. Der
       aktuelle Bedarf liege aber „deutlich“ unter den 45 ausgeschriebenen
       Stellen.
       
       Im Übrigen hätten auch Zeitarbeiter die Chance auf einen festen
       Arbeitsplatz, so Drost. Allerdings zahlt Nehlsen nach Angaben der
       Gewerkschaft Ver.di neu eingestellten Leuten 20 Prozent und mehr unter
       Tarif.
       
       13 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
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