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       # taz.de -- Protest gegen Verfolgung: Jesiden gegen den Terror
       
       > Truppen des „Islamischen Staates“ massakrieren Jesiden im Irak. In Bremen
       > demonstrieren Angehörige der kurdischen Religionsgemeinschaft für den
       > Frieden.
       
   IMG Bild: Rund um die Uhr vor Ort: Bremer Jesiden demonstrieren für Frieden im Nord-Irak.
       
       BREMEN taz | Mit einer einwöchigen Mahnwache am Hillmannplatz protestieren
       JesidInnen gegen den Krieg im Irak. Seit Montag sind sie mit einem Pavillon
       rund um die Uhr vor Ort, verteilen Flugblätter und informieren Passanten
       über die Situation. Meist sind rund 20 Menschen dort, am Montagabend sollen
       es mehrere Hundert gewesen sein.
       
       3.000 Mitglieder der kurdischen Glaubensgemeinschaft leben in Bremen. Als
       nichtmuslimische Minderheitenreligion werden Jesiden weltweit bereits seit
       Jahrhunderten verfolgt, aber in den vergangenen Wochen hat sich die
       Situation drastisch verschärft – seit Einheiten der Gruppierung
       „Islamischer Staat“ (IS) im Nordirak einmarschierten und das jesidische
       Zentrum Shengal eingenommen haben.
       
       Kenan Koc, Organisator der Mahnwache und Vorsitzender des kurdischen
       Vereins Birati, spricht von „Massakern und Völkermord“. Besonders
       jesidische Frauen seien betroffen und würden von den Islamisten
       verschleppt.
       
       Auf der Mahnwache sind Fotos von verschleierten Frauen zu sehen, die an
       einer Kette geführt werden – als „Sexsklavinnen“, sagt einer. Er habe
       selbst ein schlechtes Gefühl dabei, mit solchen Motiven zu arbeiten, „aber
       genau so sieht das da aus – der Horror ist Realität.“
       
       Um auf die Not aufmerksam zu machen und für internationale Unterstützung zu
       werben, demonstrieren jesidische Gemeinden seit Wochen regelmäßig in ganz
       Deutschland. Auch die Gruppe auf dem Hillmanplatz wird von hier aus zu
       weiteren Kundgebungen fahren: Donnerstag in Verden, Freitag in Bremen und
       am Samstag dann eine bundesweite Großdemonstration in Hannover.
       
       In Bremen wurde bereits vergangene Woche protestiert: 2.000 Menschen
       versammelten sich am Mittwoch vor dem Hauptbahnhof und demonstrierten
       friedlich gegen den Krieg – darunter auch der linke
       Bürgerschaftsabgeordnete Cindi Tuncel, der selbst Jeside ist und Verwandte
       im Kriegsgebiet hat.
       
       Aber nicht nur wegen ihrer Familien diskutiert die örtliche Community über
       internationale Zusammenhänge: Die Rolle der Türkei ist ein Dauerthema auf
       der Mahnwache und natürlich die us-amerikanischen Bombenangriffe gegen
       IS-Stellungen. „Das ist dringend notwendig“, sagt Koc, „aber nur nur
       Spielerei.“ Ohne Bodentruppen sei Shengal nicht zu befreien.
       
       Außerdem seien auch diejenigen dringend auf Hilfe angewiesen, die den
       Angriffen der IS vorläufig entkommen konnten. Unzählige Flüchtlinge seien
       im Kriegsgebiet unterwegs und bräuchten dringend Nahrung, Wasser und
       Medikamente. Auch über Waffen für die kurdischen Einheiten wird derzeit
       diskutiert.
       
       Den JesidInnen auf der Mahnwache geht es nicht nur um ihre eigenen
       Landsleute. Auf ihren Flugblättern wird genauso auch die Situation von
       verfolgten Christen angesprochen. Auch von jüdischen Opfern sprechen die
       AktivistInnen.
       
       Immer wieder kommen interessierte PassantInnen an der Gruppe vorbei: „Ach,
       ich dachte das wären Moslems“, sagt ein älterer Mann und wirkt erleichtert.
       
       „Ich selbst bin kurdischer Moslem“, sagt einer der Protestierenden. Das
       Schicksal der Jesiden liege ihm am Herzen, weil ihre Gemeinschaft die
       kurdische Tradition über die Jahrtausende bewahrt und geprägt habe. Das ist
       aber nicht der Grund für seine Teilnahme an der Aktion: „Man muss allen
       Menschen helfen, denen so Schreckliches angetan wird.“ Radikalisierte
       Islamisten würden ja auch vor Muslimen nicht Halt machen.
       
       Angst vor Islamisten haben Jesiden nicht nur im Nordirak. Auch in Bremen
       habe es vereinzelte Übergriffe gegeben, sagt Koc. Um die Mahnwache macht er
       sich aber keine Sorgen. „Wir stehen in Kontakt mit der Polizei“, sagt er,
       „und nachts ist immer jemand in der Nähe.“
       
       12 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan-Paul Koopmann
       
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